Ende Juli 1944 befahl Adolf Hitler den Bau von Befestigungsbauten, Reichsschutzstellung oder Südostwall genannt, entlang der Reichsgrenze im Osten, um das Deutsche Reich vor der Sowjetarmee zu sichern. Im Herbst 1944 werden die männlichen HJ-Mitglieder zu Schanzarbeiten für die Grenzverteidigungslinie genannt, verpflichtet. Der 14-jährige Schüler Julian Bauer aus Unterbildein, der nach Strem, südlich von Güssing, abkommandiert wird, erinnert sich:
„Im Frühjahr 1944 kam ich zur HJ und musste für 14 Tage nach Fürstenfeld, unserer damaligen Kreisstadt, zur Grundausbildung. Von ehemaligen SS-Schergen getrieben und gedemütigt werden mir die 14 Tage ewig in Erinnerung bleiben. Bei jedem Wetter und zu jeder Tages- und Nachtzeit erlebten wir sehr harte Tage, die so manchen von uns das Soldatendasein vorerst in eine andere Perspektive rückte. […] Unsere HJ-Einheit, der Bann 556 (Fürstenfeld) wurde nach Strem beordert, wo wir mit kurzen Unterbrechungen bis zum März 1945 im Einsatz standen. Jedenfalls gab es keinen Unterricht in der Schule, da auch alle Lehrer zum Arbeitseinsatz am Bau des „Südostwalles“ abkommandiert waren. In Erinnerung ist mir die große Anzahl von HJ-Einheiten, wir waren eine ‚Tausendschaft‘, in Raum Strem geblieben, die dort unter unmenschlichen Bedingungen an diesem sinnlosen Bauprojekt schuften mussten. Auch jeder HJ-Junge musste seine tägliche Vorgabe an Grabungseinheiten erfüllen, um nicht in Sonderkommandos am nächsten Tag eingeteilt zu werden.“
(Quelle: Brettl Herbert. Nationalsozialismus im Burgenland. Opfer.Täter.Gegner. Innsbruck 2012. S. 170; Lang Adi. Kriegsende, Besatzungszeit und die Ereignisse von 1956 im Pinkaboden. St. Katrein 2005, S. 37-38.)
Mein Vater wurde ebenfalls mit 14 Jahren zum Bau dieser sinnlosen Anlage einberufen. Er musste in der Nähe von Luising bei Heiligenbrunn schuften und es gab nicht genügend zum Essen für die Schwerstarbeit der jungen Buben. So wurde dann unter großer Gefahr gelegentlich Eßbares gestohlen, damit das schwere Tagessoll wieder erfüllt werden konnte.
Eine grauenhafte zeit, die hoffentlich nie wiederkehrt. Am 2.6.2019 fahren wir mit ihm zum Ausflug an den Originalschauplatz. Viele Zeitzeugen gibt es ja mittlerweile nicht mehr.
Vom Bann 566 (Fürstenfeld) der HJ berichtete die steirische “Tagespost” (Graz) schier unglaubliche Heldentaten – zuerst in der Ausgabe vom 22..4. und ausführlicher mit Nennung der Namen Denk, Haider, Kobierski, Marburger am 5.5. Demnach wurde in einer tollkühnen Gegenstoßaktion am Abend des 15.4.eine Übermacht an russischen MG-Infanteristen, die bereits bis zum Hauptplatz vorgedrungen waren, wieder aus der Stadt gejagt.
Ist in dieser typisch heroisierenden Durchhaltegeschichte auch nur ein Funken Wahrheit enthalten? Dass die “Tagespost” den irrwitzigen Einsatz eines Haufens 15jähriger HJ-Soldaten zusammen mit Volkssturmmännern gleich zweimal reportiert hat, würde darauf hindeuten, dass sich diese militärisch absolut sinnlose (und wohl auch singuläre) Aktion tatsächlich so ähnlich zugetragen haben könnte. Es wäre aber auch denkbar, dass eine völlig belanglose Einsatzübung dieser Kindersoldaten maßlos aufgebauscht wurde, um einen immer noch vorhandenen Wehrwillen der Bevölkerung zu insinuieren. Vielleicht weiß darüber jemand etwas Genaueres.