1897 wurde die Neusiedler Seebahn zwischen Parndorf und Celldömölk feierlich eröffnet. Die Annehmlichkeiten ließen anfangs noch zu wünschen übrig. So klagte die Eisenstädter Zeitung am 17. Dezember 1899 über die Zustände in den Bahnhöfen von Eisenstadt und Wulkaprodersdorf:
„Und ist es nicht eine unerhörte Schlamperei, wenn eine bodenlose Gewissenlosigkeit, wenn zur jetzigen Jahreszeit der Zug um ¾ 7 in die hiesige Station (Eisenstadt) einfährt und kein einziger Waggon beleuchtet, kein einziger Waggon geheizt ist? Klingt es nicht wie Ironie, wenn die Passagiere halb erstarrt in Vulkapordány (ungarischer Name von Wulkaprodersdorf) und dort den Anschluss nach Wien im eiskalten Wartezimmer abwarten müssen? Wird dem Herrn Stationschef aus dem Grunde Holz und Kohle von seiner Direktion zugewiesen, damit die Wartesäle nicht geheizt werden? Das reisende Publikum wird oft genug aus den geringfügigsten Anlässen von den hochmögenden Herrn Unterbeamten und Oberkondukteuren mit der wichtigsten Amtsmiene angeschnauzt. […]”
(Quelle: Zwickl Ludwig; GySEV die Raaberbahn. Brücke zwischen Ost und West. Korneuburg 2011, S.51)
Ein wirklich sehr interessanter Artikel, ich habe noch einen über die Entstehung der Eisenbahnstrecke und den Bau des Bahnhofes gefunden.
Aufgrund der fruchtbaren Wulkaebene errichtete man 1850 in Hirm und 1852 in Siegendorf jeweils eine Zuckerfabrik. Doch wegen der schlechten Verkehrsanbindungen und der schlechten Straßen schmiedete man Pläne füreine Eisenbahnstrecke von Raab über Ödenburg bis an die Landesgrenzen nach Ebenfurth. Der damalige Geldgeber war der Freiherr von Erlangen aus Frankfurt am Main. Jedoch verzögerte eine schwere Finanzkrise den Bau der Eisenbahnstrecke. Kaiser Franz Josef erteilte dafür die Konzession. Mithilfe von 300 Italienern begann der Bau der Eisenbahntrasse. Die Zuckerfabriken waren maßgeblich daran beteiligt, wo der Bahnhof in Wulkaprodersdorf entstehen sollte.
Am Ende des 1. Weltkrieges begann für die Eisenbahnbehörden eiine neue Herausforderung aufgrund der neuen Grenzziehung zwischen Österreich und Ungarn, durch die Friedensverträge von St. Germain gehörte ein Teil der Strecke zu Ungarn und deshalb auch die wichtigste Stadt dieses Gebietes, nämlich Ödenburg. Eine Besonderheit war, dass die gesamte Strecke mit ungarischem Zugmaterial befahren wurde. Im österreichischen Teil trug das Zugpersonal ÖBB-Uniformen. Trotz des zweisprachigen Betriebes herrschte ein gutes Arbeitsklima und auch privat standen viele Arbeiter in intensiven Kontakt.
Durch die Vergrößerung des Bahnhofes in Wulkaprodersdorf zog die Betriebsleitung 1926 wieder dorthin, da die Erhaltung in Eisenstadt zu teuer kam.
Die Bahnstrecke blieb im 2. Weltkrieg jedoch nicht unversehrt. 1944 wurden Bahnanlagen durch Bomben zerstört und 1945 führten abgezogene Wehrmachtstruppen noch Sprengungen durch. Erst im März 1946 konnte der Personenverkehr wieder aufgenommen werden. Aufgrund des Aufschwunges in den folgenden Jahren musste aber eine Erneuerung der Gleise erfolgen.
Gyla Lóvós (1992): Die Raab-Oedenburg-Ebenfurter Eisenbahn. In: Zirkovitsch, Mag. Dr. Martin (1992): Wulkaprodersdorf eine Gemeinde stellt sich vor. Gemeinde Wulkaprodersdorf. Wulkaprodersdorf, Österreich, S. 302-309.