Um im Bereich der Passagierbeförderung nach Übersee eine neue Regelung zu finden, wurde vom Bundesministerium für Inneres und Unterricht in den Jahren 1920 und 1921 für die in Österreich zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Schifffahrtsgesellschaften ein Regulativ erlassen. Der Punkt 6 des Regulativs befasste sich mit der Anwerbung der Fahrgäste. Dabei wurde festgehalten, dass sich die Öffentlichkeitsarbeit der Linien auf Anschläge (Plakate) oder Annoncen beschränken musste. Werbung an sich durften die Schifffahrtsgesellschaften keine betreiben. Ebenso war es den Gesellschaften untersagt, Provisionen für die Vermittlung von Passagieren zu bezahlen und mittels Agenten den Auswanderer zu umwerben. Dass dieser Punkt des Regulativs oft umgangen wurde, zeigen zahlreiche eingebrachte Beschwerden.
So informierte die Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf 1923 die Behörde in Wien: „[…] Trotz Warnungen fahren viele Auswanderer nach Argentinien. Alle fahren mit französischen Schiffen (vermutlich mit der C. General Transatlantique). Ein gewisser Raphael Vilmos, Agent einer Schiffahrtsagentur [sic!] aus Graz, betreibt die Auswanderung. Raphael Vilmos versprach den Auswanderern viel Geld in Argentinien. Man solle gegen diese unbefugte Anwerbung einschreiten.“
Dem Treiben der Agenten konnte wohl kein Einhalt geboten werden. In den darauffolgenden drei Monaten reisten trotz alledem 67 Personen aus der Umgebung von Jennersdorf nach Argentinien ab.
(Herbert Brettl. Die burgenländische Auswanderung nach Argentinien 1921-1938. In: Burgenländische Forschungen Band 82. S. 121)