Ende des 19. Jahrhunderts war Kokain als Heilmittel, Morphiumersatz und Anästhetikum allgegenwärtig und renommierte Wissenschaftler befassten sich mit der Substanz. Von einer Suchtgefahr bemerkte man zunächst nichts. Erst ab 1914 wurde in den meisten mitteleuropäischen Ländern das Alkaloid verboten bzw. reglementiert.
Über die geschichtliche Handhabung von Kokain im Burgenland ist wenig bekannt. Die Bundes-Polizeidirektion Wien informierte die Burgenländische Landesregierung im November 1928 darüber, dass bei der „Durchsicht der Giftbücher“ einer Medikamentengroßhandlung in Wien die Apotheke in Lackenbach 1928 175 g an Kokainsubstanz erhalten habe. Nachdem der „normale Bedarf“ nicht so hoch war und der Verdacht gehegt wurde, dass der Apotheker selbst „Kokainist“ sei, wurde eine Überprüfung der Apotheke angeordnet.
Die Überprüfung der burgenländischen Landesregierung ergab: „Die über d. a. Anregung vom 28.11.1928 vorgenommenen Erhebungen haben ergeben, dass die Abgabe von verarbeiteten Kokain auf Rezepte in der Apotheke in Lackenbach deshalb eine grössere war, weil Ärzte und Tierärzte der Gegend gern Kokain magistraliter verschreiben, insbesondere der inzwischen verstorbene Dr. Mathes oft Kokain in verhältnismässig hoher Konzentration zu Augentropfen zusetzen liess und die Tierärzte kokainhältige Salben in grösserer Menge verwenden. […] Die Gebarung mit Rezepten machten bei einer überraschenden ausserordentlichen Revision in der Apotheke in Lackenbach den Eindruck grösster Korrektheit und ist die Angabe des Apothekers, dass kein Kokain in Substanz abgegeben wurde, glaubhaft. Nur für sich selbst habe der Apotheker Kokain in Substanz verwendet, indem er es in schmerzhafte hohle Zähne gestopft habe. Gegen missbräuchliche Verwendung von Rauschgiften durch Apotheker für die eigene Person strafend einzuschreiten, erscheint aber nach h. a. Ansicht nach dem Gesetz nicht gerechtfertigt.“
(Burgenländisches Landesarchiv. Polizei 1928. 511-800. Zl. 685/29)
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