In der Region Mogersdorf erlangte der Tabakanbau eine wichtige Bedeutung. Bereits im 17. Jahrhundert wurde in St. Gotthard eine Tabakfabrik errichtet. Für die industrieschwache Region wurde diese Fabrik zu einem wichtigen Arbeitgeber, in der insbesondere Frauen eine Beschäftigung fanden. Die neue Grenze nach der Angliederung des Burgenlandes wirkte sich katastrophal auf die wirtschaftliche Situation aus. Viel Arbeitsplätze in St. Gotthard gingen dabei verloren. Aus politischen Gründen verloren 80 Personen, 13 P. aus Mogersdorf, sechs aus Deutsch-Minihof, fünf aus Wallendorf, eine aus Potschendorf/heute Rosendorf, eine aus Weichselbaum, vier aus Krobothek, 15 aus Heiligenkreuz, zwei aus Poppendorf, sechs aus Königsdorf, sieben aus Dobersdorf, eine aus Eltendorf, vier aus Zahling, eine aus Dt. Kaltenbrunn, fünf aus Rudersdorf, drei aus Kukmirn und vier aus Neusiedl bei Güssing, davon 77 Frauen, ihren Arbeitsplatz. Gleichzeitig wurden 250 ungarische Arbeiter und Arbeiterinnen aus Ungarn neu eingestellt. Die Arbeiter und Arbeiterinnen fürchteten um ihre Pensionen und Abfertigungen.
Die Polizei Jennersdorf meldete am 16.10.1923: „Ad Auftrag Z: 5-1497 wird berichtet, daß am 23.IX.l.J. alle bgld. Arbeiter, die in der Tabakfabrik in St. Gotthard beschäftigt waren gekündigt und am 11.X.l.J. entlassen worden waren.
Die Kündigung bzw. die Entlassung erfolgte angeblich wegen Absatzstockungen der Rauchsorten, doch wollen die Arbeiter nicht glauben, daß dies der wahre Grund sein, sondern wurde den bgld. Arbeitern seit der Besitznahme des Burgenlandes durch Österreich, bei jeder Gelegenheit mit der Entlassung gedroht. Im Ganzen wurden von der Kündigung 83 Arbeiter betroffen, davon sind 40 Arbeiter über 10-28 Jahre, die übrigen weniger als 10 Jahre in der Fabrik beschäftigt.
Ferner waren die bgld. Arbeiter in der Entlohnung gegenüber den ung. Ständig im Nachteil und erhielten wohl den gleichen Geldbetrag wir die ung. Arbeiter aber keine Naturalien (Fett, Mehl, Zucker, Schuhe). Eine Vorsprache beim Direktor mit dem Ersuchen um Gleichstellung wurde schon früher mit Androhung der Entlassung beantwortet. […]
Gleichzeitig wurde den Arbeitern eröffnet, dass wenn sie sich für Ungarn bekennen und dahin übersiedeln, können in der Fabrik weiterverbleiben. […] Alle Arbeiter bis auf Korpitsch Alois und Schmidt Mathias aus Mogersdorf sind entschlossen unter diesen Bedingungen die Arbeit nicht mehr aufzunehmen und haben sich besprochen am Samstag den 20.d.M. gemeinsam in St. Gotthard zwecks Erlangung der Arbeits- und Entlassungsbestätigung sind einzufinden. Die zwei Vorgenannten haben für Ungarn optiert und sind nach Windischdorf (Ungarn) übersiedelt.
Tatsächlich wurde den Arbeitern die länger als 10 Jahre in der Fabrik beschäftigt waren, gesagt, sie sollen sich wegen Erhalt einer Pension an die österr. Behörde wenden, von Ungarn bekommen sie nichts, weil Österreich das Burgenland den Ungarn ohne Entschädigung weggenommen habe und die Arbeiter seien selbst schuld, daß diese Maßnahme getroffen werde, weil sie bei der Abstimmung immer hoch Österreich gerufen und für Österreich gestimmt haben.
Nach Angabe der Arbeiter haben sie nach 9 ½ jähriger Dienstzeit Anspruch auf Pension. Die Arbeiter die länger als 9 ½ Jahre in der Fabrik tätig waren, erhoffen, daß sie nach Erhalt ihrer Arbeitsbestätigungen von der Behörde die Pension, die Übrigen aber eine Abfertigung erhalten werden. Bemerkt wird noch, daß Ende August ca. 10 Arbeiter in Pension gegangen sind, die über 20 Jahre in der Fabrik beschäftigt waren und bis heute noch keine Barmittel erhielten.“
(BLA. Polizei 4-5. 1924. 61-300. Zl. 157/1924)
Guten Tag Herr Brettl
Melde mich mal wieder. Hocherfreut habe ich Ihren letzten Bericht “Grenzziehung führt zu Kündigungen”.
Soviel ich weiss, hatte meine Urgrossmutter in der Tabakfabrik in St. Gotthard eine Anstellung. Meine Mutter hatte mir immer erzählt, wie ihre Grossmutter jeden Tag zu Fuss von Krobotek nach St. Gotthard zur Arbeit ging, bei jedem Wind und Wetter, Sommer und Winter.
Ich danke Ihnen herzlich für diesen tollen Bericht.
Freundlich grüsst