Rosa Rosenkranz über ihre Kindheit am elterlichen Bauernhof in Bocksdorf 1925:
„Dann haben wir einen neuen Stall gebaut. Ich musste da schon mit elf Jahren den Mörtel für die Maurer zutragen. Das war sehr schwer für mich. Mein Vater hat mir geholfen, das Schaffl auf den Kopf zu heben, dann wackelte ich damit zu den Männern. Ich konnte es aber nicht herunternehmen, weil ich mit elf Jahren noch so schwach war, und so ist mir das Schaffl mit dem Mörtel heruntergefallen und der Maurer war ganz voll. Dann hat es mein Vater gemacht, und die Mutter und ich mussten wieder Kühe halten, auf meinem Bruder aufpassen, Geschirr abwaschen, den Hof zusammenkehren und kochen helfen. Wenn die Ernte war, musste ich auf dem Feld die Garben zusammentragen und mit einem Rechen die Ähren zusammenrechen. Es war keine Zeit zum Spielen.“
(Quelle: Liszt Peter (Hg.) Rosa Rosenkranz- „Drum bitte keinen Krieg mehr für die ganze Welt“. Burgenländische Lebensgeschichten Band 2. Oberwart 2014. S. 29)
„Gemma, gemma, gemma“ – das war sicherlich die verpflichtende Arbeitsmoral von Kindern und Jugendlichen in den Anfangsjahren des 20 Jahrhunderts. Kurz und gut: Von einer wirklichen Kindheit konnte in der Zeit nicht die Rede sein. So schildert auch Rosa Rosenkranz im Blogeintrag „Keine Zeit zum Spielen“,verfasst von Herbert Brettl, ihre Erinnerungen. Doch war wirklich alles schlecht was die damaligen Kinder betrifft?
Wodurch zeichnet sich „moderne“ Kindheit aus? Aus unserer Sicht größtenteils durch Freiheit, Unbeschwertheit und einfach „nur“ Kind sein. Im Laufe der Jahre wird auch die Ausbildung wichtig um auf das spätere Erwerbsleben vorbereitet zu werden. Die Betonung liegt hier auf „vorbereitet“, denn eine Teilnahme am richtigen Arbeitsleben ist hier nicht vorgesehen.
Ganz anders in den Jahren bis 1950: Es war durchaus selbstverständlich und ohne Zweifel normal, dass Kinder bereits in den jüngsten Jahren kräftig mitanpacken mussten. Das lag natürlich auch an der wirtschaftlichen Not der Eltern bzw. auch im Land. Daher wurden sie bei den verschiedensten Arbeiten eingesetzt. Kühe halten, im Haushalt helfen oder Feldarbeiten verrichten zählte zu den Hauptaufgaben der damaligen Jugend.
Wie auch Frau Rosa Rosenkranz, erinnern sich viele Leute noch heute intensiv an ihre eigenen Erfahrungen mit Kinderarbeit in früheren Jahren. Einerseits finden sich sicherlich Gedanken wie „Verhältnisse der Ausbeutung“ oder „Erschöpfung“ in den Köpfen der Menschen wider. Andererseits denke ich, laut den Erzählungen meiner eigenen Großmutter, dass die Arbeit auch oft abenteuerliche Erlebnisse z.B. beim Kühe-halten oder beim sogenannten „heuhäufeln“ mit sich brachte.
Das bedeutet also, dass sich die Kinder und Jugendlichen damals sicher oft nach etwas anderem sehnten. Allerdings waren sie sich trotzdem ihrer großen Hilfe für die Eltern bewusst und sicherten sich damit selbst und der Familie finanzielle Mittel um zu überleben. Meiner Meinung nach empfanden die Kinder ihre Arbeitspflicht sicher nicht immer als Belastung sondern freuten sich darüber gebraucht zu werden und schon „Erwachsenenarbeit“ verrichten zu dürfen.
Anspruch auf Spielzeug hatte man als Kind damals ebenfalls nicht. Aufgrund dessen musste, wenn man doch mal kurz Zeit zum Spielen hatte, die Kreativität herausgefordert werden. So bat die eigentliche Arbeit der Kinder oft Möglichkeiten um sich spielerisch die Umgebung anzueignen.
So komme ich zu einer Antwort auf die am Anfang gestellte Frage: Die damalige Zeit war für Kinder sicherlich nicht leicht und man kann bzw. möchte sich die Situation heutzutage nicht vorstellen. Aber meiner Meinung lässt sich auch viel Positives aus der Zeit schließen, z.B. Wertschätzung und Kreativität. Denn trotz unseres heutigen Wohlstandes und Überkonsums, lassen sich Anspruch und Realität oft nicht decken. Weil Kinder im Gegensatz zu früher ihre Lebenssituation und ihr „Habgut“ oft nicht zu schätzen wissen und Freizeit für die Jüngsten immer mehr organisiert wird.