Die Armenfürsorge wurde durch das Reichsheimatgesetz von 1863 neu geordnet, indem man die Versorgung der Bedürftigen komplett den Gemeinden übertrug. Im Heimatrechtsgesetz bestand der Subsidiaritätsgrundsatz, wonach die Armenversorgung durch die Gemeinde nur dann erfolgen sollte, wenn der Arme für den notwendigen Unterhalt nicht selbst aufkommen und auch eine dritte Person, die nach dem Zivilrecht dazu verpflichtet war, dies nicht tun konnte. Nach dem Gesetz von 1863 und der Novelle von 1896 mussten die „auswärtigen Armen“ nun im „Dringlichkeitsfall“ auch von Gemeinden, die nicht Heimatgemeinde waren, versorgt werden. Bei der zuständigen Heimatgemeinde bzw. bei den Angehörigen konnten jedoch Regressansprüche gestellt werden. Herr X. aus Burgauberg bat die Burgenländische Landesregierung 1929 seinen Sohn als „gewohnheitsmäßigen Spitalsläufer“ auszuschreiben, da die Familie die laufenden Kosten nicht mehr bezahlen konnte: „Unterfertigter X. Landwirt in Burgauberg in Burgenland erlaubt sich an die hohe burgenländische Landesregierung die ergebenste Bitte zu richten er wolle 1.: eine Beihilfe zu den Spitalskosten nach seinem Sohne bewilligen, 2.: dem Sohne als gewohnheitsmässigen Spitalsläufer in dem Landesamtsblatt ausschreiben, da durch dessen ständigen herumwandern in den verschiedensten Spitälern die Existenz meiner ganzen Familie bereits gefährdet ist. Zur Unterstützung meiner beiden Bitten erlaube ich mir Folgendes vorzubringen:
Mein Sohn ist bereits 5 Jahre vom Elternhaus fort und treibt sich seit dieser Zeit fast ununterbrochen in den verschiedenen Spitälern auf dem ganzen Bundesgebiet herum. Die entstehenden Spitalskosten muss auf Grund der bestehenden Gesetze regelmässig ich bezahlen. Da mein ganzer Besitz aus einen [sic!] Häuschen und ca. 7 Joch Grundbesitz besteht, bin ich ausserstande diese Kosten zu tragen. Ich bin bereits 63 Jahre alt, lungenkrank und zu keiner schweren körperlichen Arbeit fähig. Meine Frau ist 51 Jahre alt und derartig augenkrank, daß sie nicht einmal die häuslichen Arbeiten verrichten kann. Zwei Kinder sind in Amerika verheiratet und ausserstande mich zu unterstützen, so dass derzeit nur ein Sohn im Alter von 22 Jahren in der Wirtschaft arbeitet und ich über den Sommer gezwungen bin mit Taglöhnern zu arbeiten.
In Anbetracht dieser Gründe bitte ich die hohe Landesregierung mir zu den derzeitig fälligen Spitalskosten von S. 110.- an das Spital in Tamsweg und S. 168.- an dem [sic!] allgemeinen Krankenhaus in Graz einen entsprechenden Beitrag zu bewilligen und meinen Sohne, der zu Hause genügend Arbeit und Beschäftigung hätte, als gewohnheitsmässigen Spitalsläufer auszuschreiben und seinen Heimtransport von der nächsten Stelle, wo er sich meldet, anzuordnen.
Indem ich meine Bitte in Interesse der Existenz meiner Familie nochmals wiederhole, zeichne ich
Hochachtungsvoll X.“
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