Während der Angliederungsdebatte und der Besetzung des Landes durch die Freischärler (paramilitärische Verbände) sprachen sich die meisten Richter/Bürgermeister der Gemeinden sowie auch der Großteil der Bevölkerung für einen Anschluss aus und waren so Drangsalierungen ausgesetzt. Die Notäre/Amtmänner hingegen, die vielfach in Ungarn ihre Ausbildung erhielten und dadurch auch geprägt wurden, unterstützten oft die proungarischen Verbände.
Gleichschrift des Niederösterreichisch-steiermärkischen Grenzschutzdienstes vom 27.10.1921 an das Bundesministerium für Äußeres und Inneres in Wien bzw. an die österr. Vertreter in der interalliierten Militärkommission in Ödenburg:
„Laut Mitteilung der Grenzkontrollstelle in Fehring vom 20.10.1921 Zl. 567 hat ein glaubwürdiger Vertrauensmann, der um Geheimhaltung seines Namens bat, am 20.10. d.d. folgendes gemeldet:
Beim Erscheinen der Freischärler in Tauka begaben sich 4 Mann von ihnen zum Bürgermeister Franz Jud, dortselbst Nr. 24 wohnhaft und zwangen diesen mit gefällten Bajonetten zur Unterschrift einer Urkunde, laut welcher sich die Orstbewohner von Tauka für die Selbständigkeit des Burgenlandes bzw. für Ungarn erklären.
Da sich der Bürgermeister nicht veranlasst fand diese Urkunde ohne Zustimmung der Ortsbewohner zu unterschreiben, drohten die Freischärler ihm, dass sie ihn erschiessen werden. Unter dem Druck dieser Drohung habe dann Bgm. Jud seine Unterschrift und das Gemeindesiegel auf diese Urkunde gesetzt.
Das Gleiche haben die Freischärler mit den Bürgermeistern in Neuhaus, Mühlgraben, Oberdrosen, Minihof, Liba (Liebau, Anmerkung des Verfassers) getrieben. Der Bürgermeister von Liba, namens Franz Holb wurde, weil er nicht unterfertigen wollte, misshandelt.
Die Bauern von Liba und Tauka müssen bis Samstag den 22.10.1921 den Freischärlern nach Jennersdorf und zwar pro Gemeinde 2 Klafter Brennholz liefern.
Wie ein anderer burgenländischer Flüchtling angab, der gleichfalls um Geheimhaltung seines Namens bat und von der Grenzkontrollstelle Fehring am 23.10.1921 Zl. 575 vernommen worden ist, hat der ungar. Kreisnotär Karl Leirer aus Neuhaus schon vorher versucht, die dortigen Einwohner zur Unterfertigung einer solchen Erklärung zu veranlassen. Da ihm dies nicht gelungen war, schwor er ihnen Rache mit den Worten: ‚Warts Bauern, ich werde Euch schon zeigen, ihr werds mich schon kennen lernen.‘ Tatsächlich hetzt Leirer die Freischärler gegen anschlussfreundlichen Einwohner auf, die dann allerlei Drangsalierungen ausgesetzt sind.“
(Landesarchiv Burgenland. Landesverwaltungsamt 2-1921. 1-600. Zl. 2-300/2)
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