Nachdem es noch keine Alterspension gab, hieß es für die meisten Personen im wahrsten Sinne des Wortes „arbeiten bis zum Umfallen“. Wer aber nicht mehr arbeitsfähig war kam „ins Ausgedinge“, womit er auf die Unterstützung seiner Kinder angewiesen war. Diese waren gesetzlich verpflichtet, ihre bedürftigen Eltern zu versorgen. Waren diese jedoch nicht dazu bereit oder nicht dazu in der Lage bzw. hatte man keine Kinder, so fiel man der öffentlichen Armenpflege anheim, die den Gemeinden zugedacht war.
Auch Josef W., der sich im hohen Alter nicht mehr selbst versorgen konnte und auch keine sonstige Unterstützung zu erwarten hatte, wandte sich mit einem Bittbrief um Hilfe an die Gemeinde:
„An die löbliche Gemeindevorstehung Frauenkirchen.
Unterfertigter erlaubt sich ergebenst an die Gemeindevorstehung die höfliche Bitte zu richten, ihm eine monatliche Unterstützung zu gewähren und begründet es nachstehend.
Bin 78 Jahre alt, gebrechlich, arbeitsunfähig und gänzlich vermögenslos. Ich war 48 Jahre selbstständiger Gewerbetreibender und bin meinen staatsbürgerlichen Pflichten bis zu meiner gänzlichen Verarmung immer treu und redlich nachgekommen. An meiner Verarmung trage ich nicht selber schuld, da ich wie alle Mitbürger der Gemeinde immer fleißig und strebsam war. Schuld an meinem heutigen Zustand ist vielmehr die zwölfjährige Krankheit meiner verstorbenen Frau einerseits und meine Kinder, welche meine Gebrechen ausnützen und mich überall zu hintergehen andererseits. Die Hoffnung, dass mich meine Kinder unterstützen werden, ist ganz aussichtlos, da erstens mein Sohn Theodor wahrhaft für selber [sic!] ganz vermögenslos und ohne Arbeit ist. Zweitens meine Tochter Irma (unleserlich) in Segedin, Ungarn, mir kaum einige Lebensmittel zuschicken in der Lage ist, für welche ich 5-6 Schilling Zoll entrichten soll, die ich nicht besitze und darauf verzichten muss, weil ich ausserstande bin diesen Betrag aufzubringen. Drittens meine Tochter Albertina, verehelichte W., und Schwiegersohn auch ganz vermögenslos sind und ihnen die ganzen Einrichtungsgegenstände gerichtlich verpfändet wurden. Diese sind die Hauptschuld an meinen leidigen Verhältnissen.
Aus diesem Grund glaub ich keine Fehltritte zu tun, welche mir nicht fehlt [sic!], wenn ich die löbliche Gemeindevorstehung bitte mir mein Los in meinen letzten Tagen durch eine Unterstützung zu erleichtern. Für ihre Entgegenkommen im vorhinein innigsten Danke.
Hochachtungsvoll Josef W.“
(Gemeindearchiv Frauenkirchen, Korrespondenz 1936. Zl. 444/1936)
In einem Antwortschreiben des Bürgermeisters vom 17. August 1936 sicherte ihm der Bürgermeister von Seiten der Gemeinde eine monatliche Unterstützung von 15 Schilling zu.
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