Mit dem Schuljahr 1972/73 startete im Burgenland, aufgrund eines Beschlusses des Nationalrates, die „Gratis-Schulbuchaktion“ für alle Schülerinnen und Schüler. Während die Regierung von mehr Chancengleichheit für sozial Benachteiligte sprach, führte die Opposition an, dass es sich bei dieser Aktion um Verschwendung handle, da „Wegwerfbücher“ produziert würden.
Ein besorgter Buchhändler aus dem Bezirk Oberpullendorf äußerte in einem Brief im Dezember 1970 an den Wirtschaftskammerpräsidenten seine Bedenken gegenüber der geplanten Verteilung von kostenlosen Schulbüchern durch die einzelnen Schulen, da die Buchhandlungen dadurch weniger oft aufgesucht werden würden:
„Als Buchhändler, wie auch als Familienvater mit drei Kindern an der Mittelschule in Oberpullendorf, stehe ich dem Vorhaben einer finanziellen Entlastung der Eltern beim Schulbuchankauf positiv gegenüber. […] Im Sinne der angestrebten Bildungsgesellschaft ist es wesentlich, daß der junge Mensch – und seine Eltern – frühzeitig den Kontakt zum Buch und Buchhandel finden. Die selbständige Besorgung der Schulbücher in der Buchhandlung, oder der Besuch des Buchhändlers, gewöhnt viele Menschen an die Existenz dieser Berufsgruppe und ist deshalb als echter Erziehungsbeitrag zum mündigen Staatsbürger anzusehen. […] Gerade in den letzten Tagen, bzw. Wochen, habe ich in den Schulen der umliegenden Orte „Weihnachtsbuchausstellungen“ durchgeführt. […] Ich verkaufe nicht nur mehr Karl May, die Gullabände oder ähnliche, durch persönliche Beratung oder aus „Leseerfahrung“ gängige Bücher: heuer verkaufte ich an junge Burschen neben Kohlenberg, Enträtselte Vorzeit, und Dolezol, Aufbruch zu den Sternen, oder Schrader, Der Mensch wird umgebaut, auch Werke von Dostojewski, Dumas, Teilhard de Jardin, aber auch Mark Twain, Gerstäcker, Cooper u. ä. m. Zweifellos wäre diese Auswahl nicht unter die jüngsten, jungen und älteren Leser gekommen, wäre nicht der Buchhändler als Berater und Führer durch die Literatur hier. […] Schulbücher werden das ganze Jahr hindurch gekauft – daneben daher auch andere Bücher. Schaltet man uns daher aus dem Schulbuchvertrieb aus, verlieren wir einen großen, potentiellen Käuferkreis. […]“
(Archiv Wirtschaftskammer, Korrespondenz 1970)
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