„Schuster, bleib bei deinen Leisten“ – eine Redewendung, die auch heute den meisten Menschen geläufig ist. Wohl ist aber davon auszugehen, dass der Begriff „Leisten“ kein allgemein vertrauter Begriff mehr ist. Der Schuster als Literatur- oder Filmfigur ist ebenso den meisten gut bekannt, doch im wahren Leben dürfte kaum eine jüngere Person einen Schuster bei seiner Arbeit gesehen haben. Nach Auskunft der Wirtschaftskammer übten im März 2020 nur noch sieben Schuster im Burgenland ihr Gewebe aus. Einem burgenländischen Adressbuch aus dem Jahr 1937 ist zu entnehmen, dass damals im Bezirk Neusiedl am See 219 Schuster gemeldet waren. Allein in der Gemeinde Neusiedl am See gab es 28 Schuster und in Frauenkirchen standen den Ortsbewohnern 20 Schuster als Dienstleister zur Verfügung.
Bereits Mitte der 1960er Jahre war der Trend zu bemerken, dass das Schustergewerbe immer mehr durch die Schuhfabriken verdrängt wurde. Im September 1964 fand in Eisenstadt die alljährliche Fachtagung des Schuhmachergewerbes statt. Der burgenländische Landesinnungsmeister Szivatz konnte rund 150 Teilnehmer begrüßen. Bundesinnungsmeister Berthold aus Graz beschrieb die damalige Situation des Schuhmachergewerbes folgendermaßen:
„Der Schuhmacher ist der Tätigkeit, die seinem Beruf den Namen gegeben hat, längst durch die Schuhfabriken enthoben worden, nur für Spezialanfertigungen – Ski – und orthopädische Schuhe – wird er noch benötigt. Sonst beschränkt sich seine Tätigkeit fast ausschließlich auf Reparaturen. Die Folge ist, daß die Zahl der Schuhmacher in Österreich innerhalb 30 Jahren von 30.000 Betriebsinhabern auf 6.260 sank und das heute in zahlreichen Gemeinden keine Schuhmacher mehr vorhanden sind. Es ist für die Bevölkerung dieser Orte ein Problem geworden, sich die Schuhe reparieren zu lasen. Aber man kann es sich auch nicht leisten, Schuhe mit durchgetretener Sohle einfach wegzuwerfen.“
(Burgenländischer Pressedienst. 40 S. 12 vom 3. Oktober 1964)
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