Mitte der 1960er Jahre wurde von mehreren Seiten bemängelt, dass es im Burgenland, im Gegensatz zu den anderen Bundesländern, keinen allgemein anerkannten Trachtenanzug gebe. Um diesen Mangel zu beseitigen und die burgenländische Identität zu fördern, suchten das Volksbildungswerk und die Innung der Kleidermacher mit Unterstützung der Politik einen Weg, eine erneuerte Landestracht zu entwickeln. Die Kleidermacher Josef Teuschler, Stotzing, Johann Juraszovich, Baumgarten, Josef Strümpf und Franz Ramhofer, beide aus Wiesen, schneiderten alsbald nach den Vorgaben des Volkskundlers Dr. Franz Lipp den neuentworfenen „Burgenlandanzug“. Am 22. Feber 1967 wurde der Anzug erstmals von der Regierungsspitze im Landtag der Öffentlichkeit präsentiert.
Dr. Lipp kommentierte seinen Vorschlag folgendermaßen:
„Zum Burgenlandanzug
Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten lande drückt sich in Österreich durch das Tragen einer allgemein verbindlichen Tracht aus. Der Steirer und en Kärntner, den Salzburger und Tiroler, den Ober- und Niederösterreicher erkennt der einigermaßen mit seiner österreichischen Heimat Vertraute auf den ersten Blick als Vertreter seiner Heimat.
Diese, wie im Falle von Ober- und Niederösterreich erst seit wenigen Jahren bewußt herausgestellten Landestrachten gehen, besonders was ihre Farben anbelangt, oft auf jahrhundertealte Traditionen zurück. Eine solche kennzeichnende prägende Farbvorliebe zeichnet auch das Burgenland aus. Es sind, zum Unterschied von den meisten österreichischen Bundesländern, hier sehr dunkle Farben, die den Grauton der Männertracht angeben: ein sehr dunkles Grau oder Blau oder Schwarz ist heute noch in der Volkskleidung für das ganze Land typisch. Im Schnitt wich diese burgenländische Volkskleidung kaum von den im übrigen Österreich vom Volke angeeigneten Formen ab, d. h. auch im Burgenland ist der dort allgemein übliche Rockschnitt mit Stehkragen durchaus bodenständig, ja durch sein besonders zähes Überleben etwa in Lutzmannsburg noch verankert. Daneben ist allerdings auch die bequemere Form des Umlegkragens schon in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts volkläufig geworden.
Die Erneuerung der burgenländischen Männertracht setzt diese ohne Zweifel vom Volkscharakter geprägten Eigenheiten unmittelbar fort und paßt sie den heutigen Gegebenheiten an. Dabei ist Betracht darauf genommen, daß es sich um eine allen Schichten der Bevölkerung umfassende Möglichkeit echter Repräsentation, d.h. um einen „Burgenländeranzug“, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht etwa um eine nur dem Bauernstand vorbehaltene Tracht handeln sollte. Die beiden ausgearbeiteten Vorschläge geben die Möglichkeit, je nach Geschmack und Verwendung individuell die eine andere Machart zu wählen. Dr. Franz Lipp“
(Volk und Heimat. 1967. S. 53)
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