Die Frage, wie viel Kunst der Österreicher, und somit auch der Burgenländer, braucht, kann nur sehr komplex beantwortet werden, da das Kunstbedürfnis der Bevölkerung sehr stark variiert. Eine Studie aus dem Jahr 1972 versuchte dies empirisch zu erklären. Die BF berichtet darüber:
„Das Institut für Empirische Sozialforschung hat kürzlich im Auftrag der Forum-Kaufhäuser eine Untersuchung über den Kunstkonsum in Österreich durchgeführt. Es befragte 1.987 Österreicher aus allen Bundesländern über ihre Museums- und Galeriebesuche, über ihr Verhältnis zur modernen Kunst, über ihre Kunstkäufe in den letzten Jahren und über die eigene künstlerische Betätigung.
Das Ergebnis ist überraschend, denn wer da geglaubt hat, Burgenland würde da weit abgeschlagen an letzter Stelle landen, wurde eines Besseren belehrt. Es stellte sich nämlich heraus, daß die Burgenländer gar nicht so kunstfremd und provinziell sind, sondern daß sich in diesem Land der Dörfer ein beachtliches Kunstgefühl, Kunstverständnis, aber auch Kunstbedürfnis entwickelt hat, das dem anderer Bundesländer, wo Städte automatisch ein größeres Angebot mit sich bringen, in nichts nachsteht.
Was den Besuch von Museen und Kunstgalerien anlangt, stellte das IFES zum Beispiel fest, daß von 100 Österreichern im letzten Jahr 13 ein Museum und 12 eine Kunstausstellung besucht hatten. Im Burgenland liegen die entsprechenden Zahlen bei sieben beziehungsweise 13, wobei beim Museumsbesuch das Burgenland noch vor Vorarlberg liegt und im Interesse für Kunstausstellungen Niederösterreich (6) und Oberösterreich (9) klar geschlagen hat.
Auch beim Verständnis für moderne Kunst schneidet das Burgenland relativ gut ab. Während in ganz Österreich 85 Prozent der Befragten sich für moderne Kunst entschieden, gaben im Burgenland zwar nur 10 Prozent der Moderne den Vorzug, übertrafen aber mit diesem bescheidenen Bekenntnis zum Kunstschaffen unserer Zeit Niederösterreich (4 Prozent) und Oberösterreich (0 Prozent) klar.
Noch weiter vorn in der Bundesländertabelle rangiert das Burgenland bei den Kunstkäufen, denn 9 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten in den letzten Jahren ein Bild gekauft. In der Steiermark waren es nur 7 Prozent, in Kärnten nur 8 Prozent und in Oberösterreich gar nur 5 Prozent.
An letzter Stelle liegt das Burgenland, aber was die künstlerischen Aktivitäten anlangt, denn während gesamtösterreichisch gesehen immerhin 6 Prozent der Befragten angaben, sich selber künstlerisch zu betätigen, bekannte sich im Burgenland kein einziger zu eigener künstlerischer Betätigung.
So wird es auch hier Aufgabe unserer Kulturpolitik sein, die – oft noch schlummernde – Nachfrage durch ein gezieltes Angebot zu wecken oder zu aktivieren, in jenen Räumen, wo kein Angebot besteht, eines zu schaffen und so Neigungen und Bereitschaften die Möglichkeit der Realisierung zu geben.“
(BF vom 16.3.1972, S. 18)