Um die Sowjetunion und ihr politisches und wirtschaftliches System der burgenländischen Bevölkerung näherzubringen und propagandamäßig gut darzustellen, wurden immer wieder Sympathisanten in das Land eingeladen. So war auch Elisabeth Riepl aus Gols 1953 Gast in der Sowjetunion. Die Rückkehr in das Heimatdorf begleitete das kommunistische Wochenblatt Freies Burgenland und berichtete:
„[…] Nie im Leben werde ich diese Begrüßung vergessen“ sagte Frau Riepl, „als wir den russischen Frauen, die uns empfingen, voller Freundlichkeit die Hände drückten und einander küßten, als Menschen, die sich nie gesehen haben, so weit voneinander leben und sich innerlich doch so nahe sind.“
Weiter erzählt sie, mit welcher Sorgfalt sie und alle übrigen Delegationsmitglieder in einem eleganten Hotel, das an die 400 Zimmer hat, untergebracht wurden. „Und das Essen“, sagt Frau Riepl, „der Tisch hat sich gebogen, und bei uns in Österreich wird immer noch so dumm dahergeredet, daß es in Rußland nichts zu essen gibt.“ […] Sie erzählt, welch großen Eindruck auf sie das Theater in Moskau gemacht hat, wo zur Zeit ihres Besuches „Schwanensee“ gegeben wurde und das Theater bis zum letzten Platz ausverkauft war. Von den Schulen, die sie besuchten, erzählt Frau Riepl, daß dort die Kinder kostenloses Mittagessen bekommen und auch alle Lehrmittel unentgeltlich vom Staat beigestellt werden. […] Als Bäuerin“ erzählt Frau Riepl, „hat mich vor allem natürlich das Leben auf dem Lande und die Kollektivwirtschaft interessiert. In der Nähe von Charkow besuchten wir eine Kollektivwirtschaft eines Dorfes, das ungefähr so groß wie Gols ist. Offensichtlich wußten die Leute dort nichts unserer Ankunft, aber im Nu waren viele Leute beisammen, als sich herumsprach, daß eine Delegation aus Österreich angekommen sei. Meine erste Frage an die Leute war, ob man sie gezwungen oder verpflichtet hat, in die Kollektivwirtschaft einzutreten. Auf meine Frage waren die Leute eine wenig erstaunt und meinten: „Wer sollte uns gezwungen haben?“ Wir sind selbst daraufgekommen, daß es sich gemeinsam leichter und besser wirtschaften als allein:
Die Frauen in der Kollektivwirtschaft arbeiten fünf bis sechs Stunden im Tag und es gibt auch dort einen Kindergarten, wo den Müttern die Sorge um die Kinder abgenommen wird. Die durch den Krieg vernichteten Häuser sind schon wiederaufgebaut. Die Kollektivbauern wohnen in ihren eigenen Häusern, haben eigene Gärten und auch eigenes Vieh. Was gemeinsam erzeugt wird, wird zur Hälfte an den Staat verkauft. Von der anderen Hälfte gehen zwei Prozent für Altersversorgung ab und 48 Prozent werden frei nach Belieben verkauft.
Frau Riepl erwähnt auch, daß sie bei Kollektivbauern selbst gegessen haben, wo, ohne daß man Gäste erwartete, ein reichlich gedeckter Tisch mit schmackhaftem Essen vorhanden war.“ (Wochenblatt Freies Burgenland vom 6. Dezember 1953)
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