Das Denunziantentum wurde vom deutschen Dichter und Philologen August Heinrich Hoffmann von Fallersleben mit der Aussage „Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant“ beurteilt. Der vielfach anonyme Denunziant wird häufig von persönlichen Motiven wie Rache, Neid, Missgunst angetrieben oder er erhofft sich durch die Denunzierung einen persönlichen Vorteil. Der Beweggrund des Denunzianten vom Zeiselhof (Gutshof bei Deutsch Jahrndorf) während der Zeit des Nationalsozialismus ist nicht bekannt.
„Löbliche Bezirkshauptmannschaft!
Bitte möchte mich mit ein paar Zeilen an Sie wenden. Da hier am Zeiselhof eine gewisse mit Namens N.N. ist mit N.N. verheiratet und hat ein Kind noch ledig bekommen und zwar von einen Juden von einen gewissen N.N. Er ist von Raab in Ungarn. Sie hatte das Kind als Arische Abstammung auf N.N. (ihren Mann) schreiben lassen. […] Sie tut das alles im deutschen Reich verheimlichen. Das beruht alles auf Wahrheit. Den das Kind ist wirklich von einem Juden und sie hat es auf den N.N. (ihren Ehemann) geschoben.
Heil Hitler N.N“ (Aus: BLA BH-ND-I; II, V, 1940 – II-1-100,1940)
Denunziantentum kann wohl als die feigste und gemeinste Art vom „Miteinander“ innerhalb einer Gesellschaft bezeichnet werden. Weil der Mensch unter der Maske der Anonymität dabei nicht einmal die eigene Identität preisgeben muss, kommt seine „hässliche Fratze“ nur allzu oft zum Vorschein.
Besonders verwerflich empfinde ich dabei, dass während der NS-Diktatur die Aggression fast ausschließlich einseitig stattfand. Von jüdischer Seite gab es ja kaum offenen Widerstand, wenn, dann war er vor allem nach innen gerichtet. Man versuchte, unterzutauchen, sich einer Verhaftung möglichst lang zu entziehen. Viele sahen zuletzt darin einen Widerstand, anstelle des aufgezwungenen „Verrecken“ in einem Konzentrationslager den Freitod zu wählen. Wenn sie schon nicht die Aussicht auf ein Leben nach ihren Vorstellungen hatten, konnten sie zumindest die Art und Weise ihres Todes bestimmen.
Wie groß muss die Verzweiflung der Menschen gewesen sein, stand der Selbstmord doch im Konflikt zu ihrem jüdischen Glauben, wegen dem sie ja verfolgt wurden. Der Freitod wurde hier ja seit jeher verurteilt, erst seit den jüngsten Jahrzehnten gesteht man Selbstmordopfern eine psychische Krankheit zu.
Hoffnung und Trost geben Geschichten wie die der Jüdin Edith Wolff, „Ewo“ genannt, die 1943 in Berlin die Jugend-Widerstandsgruppe „Chug Chaluzi“ (hebr. Kreis der Pioniere) gründete. Der Großteil der Mitglieder, die sich bei ihrem Widerstand mit Ausflügen, religiösen Zusammenkünften und kulturellem Unterricht beschäftigte, überlebte auch durch ihre großen Anstrengungen den Nationalsozialismus. Wolff selbst stellte sich der Gestapo und überlebte die Gefangenschaft in insgesamt 18 Konzentrationslagern und Zuchthäusern. Es scheint, dass sich das Denunziantentum zumindest hier seine unmenschlichen Zähne ausgebissen hat.