In den ersten Nachkriegsmonaten waren die Versorgung und die Sicherheitslage im Burgenland äußerst problematisch. Die Ernte des Vorjahres war sehr schlecht ausgefallen, wertvolles Ackerland durch die Anlage des „Südostwalles“ zerstört und die Frühjahrsarbeiten konnten wegen des Einmarsches der Roten Armee nicht durchgeführt werden. Die Plünderungen im Burgenland hatten wesentlich größere Auswirkungen als in allen anderen Bundesländern. Das Burgenland blieb von Hilfslieferungen weitgehend abgeschnitten und auf sich alleine gestellt.
Ein Bericht der Gemeinde Marz verdeutlicht dies:
„Situationsbericht vom 1. Bis 7. Juli 1945
1) Allgemeine politische Lage: Immer noch ungeklärt. Die Bevölkerung ist durch die immer wieder vorkommenden und versuchten Plünderungen von Gehöften durch fremdländische Personen stark beunruhigt. […]
2) Wirtschaftliche Lage: Sehr gespannt. Lebensmittelverteilungen an die Nichtselbstversorger fanden schon lange nicht statt. Besonders mangelt es an Mehl, Zucker, Essig. Auch die Brennholzfrage ist sehr gespannt, was dadurch zu erklären ist, dass grosse Mengen Scheitholz aus den Fürstl. Esterházischen Wäldern entwendet wurde. Diesbezüglich wurde eine Frist bis 10. Juli 1945 gegeben und wird nachher mit Hausdurchsuchungen eingesetzt werden [sic!]. Die Ernteaussichten sind, falls das Wetter angemessen schön bleibt günstig. An den Weintraubenbeständen und an Obst wird aber schon jetzt durch Flüchtlinge und Rückwanderer etc. viel Schaden angerichtet. Verkauft wird meistens nur im Tauschwege. Dies ist auch von und nach Ungarn der Fall.
3) Soziale Fragen: Handel und Verkehr liegen noch arg darnieder. Post und Eisenbahn funktionieren in bescheidenem Umfang. Bautätigkeit ist magels [sic!] von Geld und Material ganz minimal.
Landwirtschaft leidet an Futternot, da viel Heu durch Kriegsereignisse zugrunde ging.
Die ärmere Bevölkerung findet teilweise Verdienst bei Landwirten“ (800 Jahre Marz. 1202-2002. Mattersburg 2002. S. 209)
Nach dem Krieg droht der Tod durch Verhungern. Die ersten Monate nach dem Krieg waren nach wie vor ein Kampf ums Überleben. Gerade im Burgenland mangelte es an allem.
In dem Beitrag im Burgenland History Blog „Der Tauschhandel überwiegt“ veröffentlicht am 18. Dezember 2016 geht es um die Versorgungsprobleme und problematische Sicherheitslage im Burgenland. Das Zitat des Berichtes der Gemeinde Marz beschreibt das hinterlassene Chaos. Die unklare politische Situation und zunehmenden Plünderungen beunruhigen die Bevölkerung immer mehr. Diese Zustände wurden von der zerstörten Infrastruktur zunehmend verschlechtert. Hinzu kommen die Schwierigkeiten im Wiederanbau beziehungsweise der Verteilung von Lebensmitteln.
Mehrere Faktoren spielen für die schlechte Lebensmittelversorgung zusammen. Nicht nur, dass die Ernte des Vorjahres mager war, sondern auch die zu erwartende Ernte wurde wegen des vielen zerstörten Kulturlandes stark eingeschränkt und noch zusätzlich von Flüchtlingen und Rückwanderern beschädigt. Ebenfalls wurde der Tierbestand durch Beschlagnahmungen stark verringert.
Die minimierten Erträge wurden größtenteils für den Tauschhandel in Wien und Niederösterreich verwendet. Vor allem Wiener tauschten Gebrauchsgegenstände gegen Lebensmittel. Ungarische Schmugglerbanden und Hamsterer aber auch Einheimische waren oft involviert. Der Tauschhandel war auch nötig um das fehlende Saatgut zu beschaffen. Natürlich versuchte die Rote Armee Schwarzhandel und Schmuggel zu unterbinden. In einigen Orten wurde dafür auch die Gendarmerie hinzugezogen.
Zweifelsohne hätten noch mehr Menschen ohne den Tauschhandel ihren Tod zu dieser Zeit gefunden. Meiner Meinung nach wäre ohne das Tauschen der Wiederaufbau und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmittel noch beschwerlicher und langwieriger gewesen. Gerade im Burgenland, dass mit Hilfsmitteln meist spärlich bis gar nicht beliefert wurde, war es in der Besatzungszeit notwendig um zu Überleben. Ohne diese Art des Handels wäre es nicht möglich gewesen überhaupt wieder auf dem noch vorhandenen Kulturland Gemüse und Obst anzubauen.