Im November 1739 schlossen acht jüdische Männer aus Gattendorf mit der örtlichen Herrschaft einen Pachtvertrag zur Errichtung eines jüdischen Friedhofs außerhalb der Ortschaft in Richtung Zurndorf. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die noch anwesende jüdische Bevölkerung vertrieben und die „Autonome Orthodoxe Kultusgemeinde Gattendorf“ aufgelöst. Der jüdische Friedhof blieb zunächst unangetastet. Am 14. August 1939 erging vom Naturhistorischen Museum Wien an die Gemeinde Gattendorf die Weisung:
„Im Auftrag des Stillhaltekommissars für Vereine, Organisationen und Verbände in Wien und zugleich der Zentralstelle für jüdische Auswanderung Wien weise ich Sie hierdurch daraufhin, daß aus dringenden wissenschaftlichen Gründen bis auf weiteres keinerlei Veränderung an dem Ihnen unterstehenden jüdischen Friedhof, bzw. jüdischen Friedhof, vorzunehmen ist.
Insbesondere sind alle Versetzungen von Grabsteinen und ebenso Grabungen zunächst unbedingt zu unterlassen. Ich darf Sie bitten, dies beachten und diesen Brief zuständigen oder an Friedhöfen interessierten Kreisen zur Kenntnis geben zu wollen. Sollten schon Veränderungen vorgenommen worden sein, erbitte ich Bescheid und sofortiges Abstoppen derartiger Aktionen. Über die künftigen Maßnahmen läuft ein Verfahren bei Herrn Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten und bei den sonstigen zuständigen Stellen.
Heil Hitler Dr. Kummerlöwe“
1941 wurden die jüdischen Liegenschaften von der Gemeinde Gattendorf arisiert. Während der jüdische Friedhof in Gattendorf weiterhin ohne Zerstörungen bestehen blieb, wurden in anderen Gemeinden wie beispielsweise Deutschkreutz oder Mattersburg die Friedhöfe geschändet und zahlreiche Grabsteine verschleppt. Am 28. November 1947 beschloss die Gemeinde Gattendorf, den jüdischen Friedhof wieder in den Besitz der Wiener Kultusgemeinde als Rechtsnachfolger der Gattendorfer Kultusgemeinde zurückzustellen. Bis heute befinden sich auf dem Friedhof rund 200 Gräber.
Der letzte noch in Gattendorf geborene Jude war Herr Hugo Lustig. Der 1924 in Gattendorf geborene Lustig übersiedelte 1936 nach Preßburg und von dort gelang ihm 1938 die Emigration nach Palästina. In der Nachkriegszeit pflegte er Kontakt mit befreundeten Gattendorfer Familien und besuchte den örtlichen jüdischen Friedhof. Am 23. August 2013 kam er zum letzten Mal mit seiner Familie nach Gattendorf. Am 10. September 2020 verstarb Gershon/Hugo Lustig mit 96 Jahren in Tel Aviv.
(Derks Klaus. Das jüdische Gattendorf. Vortrag am 5. Sept. 2021, im Rahmen der „Europäischen Tage der jüdischen Kultur im Burgenland“. Manuskript) – Danke an Ewald Metzl für den Hinweis.
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