Am Ende des Ersten Weltkrieges brach die Österreichisch-Ungarische Monarchie zusammen. Auf dem Boden der ehemaligen Monarchie begannen sich Nationalstaaten zu bilden, die sich auf das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ beriefen, welches der amerikanische Präsident Woodrow Wilson 1918 verkündet hatte. Damit wurde für die deutsche Bevölkerung Westungarns die Frage der zukünftigen Staatszugehörigkeit wieder aktuell, zumal im Grenzstreifen der westlichen Gebiete der Komitate Pressburg, Wieselburg, Ödenburg und Eisenburg damals rund 75% Deutsche, 15% Kroaten und 10% Ungarn lebten. Während Deutsch-Österreich die Angliederung der deutschsprachigen Gebiete forderte, bestand das neue Ungarn dagegen auf die Staatsgrenzen der „Stephanskrone“ und gestand den nichtmagyarischen Völkern lediglich einen Autonomiestatus zu. Der Streit und das Ringen um dieses Gebiet setzten sich in den nächsten Jahren fort.

Denkmal für Dr. Sándor Giesswein vor der Kirche in Magyaróvár

Dr. Sándor Giesswein, geboren 1856 in Tata, ungarischer Priester, Esperantist, Schriftsteller, Sozialreformer, Pazifist und seit 1905 Abgeordneter der katholischen Volkspartei bzw. christlich-sozialen Wirtschaftspartei für den Bezirk Magyaróvár im ungarischen Parlament, meldete sich zur Frage „Westungarns“ in der Zeitschrift „Der Heideboden“ am 8. Oktober 1919 zu Wort:
„[…] In der Schweiz wohnen Deutsche und Franzosen, nicht einmal in besonders getrennten Verwaltungsgebieten; in mehreren Kantonen (Bern, Freiburg, Wallis) befinden sich Deutsche und Franzosen beisammen, sie sind gleichberechtigte Mitglieder desselben Verwaltungskörpers, des Gemeinderates oder des Kantonalrates, und daraus ergibt sich ein Vorteil für die Deutschen ebenso wie für die Franzosen; der Deutsche erlernt mit Leichtigkeit etwas französisch und der Franzose etwas deutsch, und die Kenntnis einer jeden Sprache ist ein großer Schatz. So sollte es auch bei uns bestellt sein, namentlich in Gegenden und Komitaten, wo Deutsche und Magyaren beisammen wohnen. […]“
(Dr. Alexander Giesswein: Heideboden und Westungarn. In: „Der Heideboden” vom 8. Oktober 1919, S. 1)