Die Beziehungen zwischen Rust und Oggau waren nicht immer die besten. Ein Grund dafür waren die langjährigen Besitzstreitigkeiten über die Zugehörigkeit der Wiesen auf den „Erbfischwässern“. 1866 eskalierte der Streit der beiden Nachbardörfer in eine kriegerische Auseinandersetzung, welche als „Seeschlacht am Neusiedler See“ in die Annalen eingehen sollte. Der „Österreichische Volksfreund“ berichtet am 18. November 1866 darüber:
„Am 5. November, also am Feste des h. Emerich, fuhren während des dreistündigen Gottesdienstes die Ruster mit 30 bis 40 Wagen auf das Oggauer Gebiet hinüber, raubten den armen Leuten ihre Streu und fuhren dieselbe ungehindert nach Rust. Am 6. November, Leonardi-Fest, fuhren abermals eine Menge Wagen auf den Oggauer Hotter, und raubten was sie konnten. Nach beendigtem Gottesdienst gingen viele Oggauer in ihren Feiertags-Anzügen, ohne auch nur ein Stäbchen bei sich zu haben, ganz wehrlos und waffenlos auf den Grund, um nachzusehen, wie es mit ihrem Eigentum stehe. Und was sahen sie? Eine Bande von Räubern, die sämtliche Streu auf ihren Wagen ladeten. Als sich die armen Wehrlosen ihres Eigenthumes annahmen, und auch die Oggauer Ortsgericht, um den Streit zu schlichten, hinauskam, geschah das Unglaubliche! Der Ruster Stadthauptmann, Odorfer, kommandierte Feuer, und auf einmal krachte es aus 15 bis 20 scharf geladenen Mordgewehren gegen die noch immer wehrlosen Oggauer. Zwei fielen, ein Dritter erhielt einen schweren Kolbenschlag auf den Kopf und stürzte ebenfalls. Viele Kinder und Erwachsene Oggaus erhielten Schrott in Leib und Füße. Es floß unschuldiges Blut. Die zwei Gefallenen wurden alsbald mit den h. Sterbesakramenten versehen. Beide sind Militärs, die mehrere gefährliche Schlachten mitmachten, insbesondere kämpften sie heldenmütig bei Custozza. Gott hat sie unversehrt in ihre Heimat zurückgeführt, und nun mußten sie räuberischen Händen erliegen. […] Freilich ließen sich die Oggauer nicht sämtlich durch die Feiertags schänderischen Ruster ermorden, und vertheidigten sich auf dem Geschehenen, so viel sie konnten. Sie holten, die mit leeren Gewehren flüchtenden Räuber ein und mehrere von denselben mögen mit durchbläutem Rücken zu Hause angelangt sein. Mehrere zurückgelassene Ochsen, Pferde und Kühe wurden samt einigen Wägen in Empfang genommen, und nach Oggau getrieben.“
Seitens des Obergespans wurde umgehend ein Ausschuss mit der Untersuchung der Angelegenheit beauftragt, der wiederum das Strafgericht des Komitates Wieselburg mit dem Fall betraute. Nach Einvernahme der Beschuldigten und der Zeugen, sowie der Einholung medizinischer Sachverständigungsgutachten wurde im April 1870 ein Urteil verkündet. 14 Ruster und 20 Oggauer erhielten Haftstrafen zwischen einem Monat und einem Jahr.
(Quelle: Heribert Artinger: Chronik der Freistadt Rust 1850-1950. Graz 2002. S.27)
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