Im April 1938 begannen die Nationalsozialisten mit der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Rechnitz. Man trieb sie aus ihren Häusern und brachte sie mit LKWs an die jugoslawische Grenze. Von den jugoslawischen Grenzern nicht eingelassen, hausten sie wochenlang in einer Scheune im Niemandsland zwischen den beiden Staaten. Erst im Juni 1938 gelang es internationalen und jüdisch-amerikanischen Organisationen, dass die Vertriebenen Asyl in Jugoslawien erhielten.
Bericht des Generalssekretärs der Gildemeesterauswanderungshilfsaktion Galvagni am 7.6.1938:
„Dort [in Bonisdorf] habe ich vorgefunden: 54 jüdische Personen, davon sind 43 ohne Paß [sic!] und 11 mit Paß. Die 43 ohne Paß haben von der Grenzpolizei Kommissariat Rechnitz einen neuen Paß erhalten und fahren morgen Mittwoch nach Zagreb, wo sie von der zuständigen Kultusgemeinde aufgenommen werden. Die 11 Personen mit Paß können vorläufig noch nicht nach Jugoslawien reisen, weil die Regierung regelmäßig reisende Juden momentan nicht aufnimmt. Ich habe mich an der Grenze sowohl mit den jugoslawischen als auch deutschen Posten in Verbindung gesetzt, welche mich auf dem Laufenden halten werden über das Schicksal der anderen 11 Personen, da man auch für diese bei der jugoslawischen Regierung interveniert.
Die jüdischen Staatsangehörigen Heinrich Frankl und Frau, Hugo Fellner, Frieda Fellner mit drei minderjährigen Kindern und noch 36 jüdische Personen, deren Namen noch nachzutragen sind, zusammen also 43 Köpfe, wohnten seit Jahrzehnten in Rechnitz, Burgenland. Am 8. bzw. 12 April wurden sie zunächst nach Minihof-Liebau, von dort nach Bonisdorf, Post Neuhaus bei Jennersdorf, überführt. Sie durften nur Wäsche und S 25,- pro Person mitnehmen. Der Rest des Eigentums ist zurückgeblieben. Eine Entscheidung ist bisher nicht erfolgt. Den Betroffenen wurden die Personaldokumente, Pässe etc. abgenommen.“
(Quelle: Widerstand und Verfolgung im Burgenland 1934-1945. Eine Dokumentation. Wien 1983. S.315)
Über das Leben der Juden und Verfolgten in Rechnitz gibt es ja etliches zu erzählen. Hinzufügen will ich dem Artikel nur einige Worte über das Massaker von Rechnitz. Durch die lange und fast abenteuerliche (und bis jetzt erfolglose) Suche nach dem Massengrab der etwa 200 jüdischen Zwangsarbeiter wurde ein regelrechter „Hype“ ausgelöst inklusive verschiedenster mit Preisen ausgezeichneten Dokumentarfilmen, Büchern und Theaterstücken und das auf internationaler Ebene.
Für die Hinterbliebenen stellt die Suche nach den Überresten jedoch eine religiöse Pflicht dar, da der Friedhof als „Haus der Ewigkeit“ nicht ersetzt werden kann. Eine „Verscharrung“ oder unsachgemäßes Beisetzten gelten als Entwürdigung und Beschämung der Toten.
Vor allem die Initiative Re.F.U.G.I.U.S. kümmert sich hier um Aufarbeitung und Gedenken der Verbrechen in der NS- Zeit.
Unter anderem gehört die Erhaltung des Kreuzstadls, dem Ort des Massakers, zu ihren Aufgaben.
Heute zählen die Ruinen des Kreuzstadls als Zeichen für die Leiden der Verfolgten beim Bau des Südostwall. Mahnmale, Gedenktafel und ein gut besuchtes Freiluftmuseum mit Fundstücken, Videos von Interviews mit Zeitzeugen und Informationstafeln in 3 Sprachen erinnern an die Opfer.
Erwähnenswert ist das neue Projekt namens „Erinnerungswert“ der Gemeinde Rechnitz mit Informationstafeln in den Ortschaften Rechnitz und Oberwart (unter anderem am Hauptplatz, in der Badergasse und in der Judengasse). Themen sind neben den Schicksalen der jüdischen Bevölkerung, die Judengasse (Gewerbebetriebe), verschiedene jüdische Einrichtungen (Schule, Synagoge,…) sowie die Geschichte der Familie Batthyany (Schloss). Man kann sagen dass, diese Einrichtungen einen Besuch wert sind.