Der österreichische Außenminister Karl Gruber erließ im April 1946 ein Rundschreiben an alle Behörden und Dienststellen in den Bundesländern, Dokumente, Berichte und statistisches Material aus der Zeit von 1933 bis 1945 zu sammeln. Dabei sollte die Rolle Österreichs, bezugnehmend auf die Moskauer Deklaration, als erstes Opfer des NS-Regimes in Deutschland der alliierten Besatzungsmächte dargestellt werden. Diese Sammlung wurde im „Rot-Weiß-Rot-Buch. Gerechtigkeit für Österreich“ herausgegeben und stellt die Ereignisse in Österreich einseitig und verkürzt dar.
Auch das Bezirksgendarmeriekommando Mattersburg folgte diesem Aufruf und beschreibt die „Volksabstimmung“ zum Anschluss Österreichs an Deutschland vom 10. April 1938:
„[…] Von den 22 Gemeinden des Bezirkes wurde lediglich in 3 wirklich geheim abgestimmt. Aber auch in diesen war ebenso wie in den übrigen Gemeinden das Ergebnis 100%. Durch Zufall wurde in der Gemeinde Rohrbach bei Mattersburg (geheime Abstimmung) dieses 100 %ige ja-Ergebnis aufgefunden. Bei der Wahl am 25. Nov. 1945 fand man nämlich noch sämtliche Stimmzettel (jetzt leider vernichtet) in der verschlossenen Wahlurne, die am Boden aufbewahrt war, vor. Davon waren über 50 % leere Zettel und auch ein grosser Prozentsatz nein-Stimmen. Es ist ja durchaus verständlich, dass der Herr Ortsgruppenleiter einen derartigen „Wahlerfolg“ niemals melden konnte. […]“
(Material des Bezirkes Mattersburg. ad Kapitel 2 und 3. im Besitz des Autors – Danke an Dr. Michael Hess, Landesbibliothek Burgenland, für den Hinweis)
Anmerkung: Nach offiziellen Berichten des NS-Regimes wurden nach der „Volksabstimmung“ 1938 im ganzen Bezirk Mattersburg 19.643 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen, fünf ungültige und 12 nicht enthaltene Stimmen ausgezählt.
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