Die ersten gesicherten Spuren jüdischen Lebens in Stadtschlaining finden sich im Jahr 1675. Mit der Aufhebung der Erwerbs- und Aufenthaltsbeschränkungen und der allmählichen bürgerlichen Gleichstellung ab 1840 kam es zu einer sukzessiven Abwanderung der jüdischen Bevölkerung. Die Volkszählung von 1934 wies nur noch 19 Jüdinnen und Juden in Stadtschlaining aus. Darunter befanden sich auch Gisela und Eduard Löwy, die am Rochusplatz Nr. 3 und 4 eine Gemischtwarenhandlung betrieben. Im Frühjahr 1938 wurde die Familie von den Nationalsozialisten aus Stadtschlaining vertrieben. Die Geschäfte der jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner wurden beschlagnahmt und in weiterer Folge bemühten sich „Ariseure“, den Besitz der Vertriebenen übernehmen zu können.
Bäckermeister Josef X, aus Stadtschlaining suchte am 27. Feber 1941 um die Überlassung der beiden Häuser der Familie Löwy in Stadtschlaining an:
„Ich endgefertigter Josef X, Bäckermeister in Stadtschlaining, verheiratet,65 Jahre alt, erlaube mir mit der Bitte an den Herrn Reichstatthalter heranzutreten, mir im Kaufwege die beiden Jüdischen Häuser Nr. 2 und 3 (Löwy) in Stadtschlaining zukommen lassen zu wollen und begründe meine Bitte wie folgt: lch wohne im Hause Nr. 3 in Stadtschlaining schon seit dem Jahre 1913, in welchem ich seinerzeit den Backofen aus eigenen Mitteln errichtete. Im Jahre 1914 rückte ich zur Kriegsdienstleistung ein und stand bis Ende 1918 an verschiedenen Fronten, wo ich auch verwundet wurde.
Von der Front heimgekehrt, musste ich von neuem meine Bäckerei in Gang setzen, um den Lebensunterhalt meiner aus 5 Personen bestehenden Familie sicherzustellen.
Ich bin seit 1932 Mitglied der NSDAP, Ortsgruppe Stadtschlaining. wo ich in der Systemzeit als Zellenleiter und später als Blockleiter tätig war. Meine Tochter trat im Jahre 1933 dem BDM bei und ist auch seit ihrer Grossjährigkeit Mitglied der NSDAP. Mein Sohn wurde in der Systemzeit wegen seiner Tätigkeit in der HJ beim Bez. Gericht in Oberwart und später beim Jugendgericht in Wien eingekerkert. Sowohl meine Tätigkeit und die meiner Kinder in der NSDAP hatte zur Folge, dass ich volle 5 Jahre hindurch von den Juden und ihren Anhängern boykottiert und finanziell auch ruiniert wurde.
Im Hinblick darauf, dass ich schon viele schwere Zeiten erlebt habe, bitte ich mein Ansuchen wohlwollend erledigen zu wollen und füge hinzu, dass nur ein schmaler Hof die beiden in Rede stehenden Häuser verbindet und eventuell Streitigkeiten zu verhindern es zweckmässig wäre, wenn beide Häuser von einem Besitzer erworben werden könnten. Heil Hitler! Josef X.“
(BLA. Arisierungsakte. Zl. 5581b. S. 31/32)
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