Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden auch die Gemeindeämter nach ihrem Willen umgestaltet. Mitarbeiter, die als Gegner bekannt waren, wurden entlassen, Sympathisanten neu eingestellt. So mancher Gemeindeangestellte versuchte auch mit einer Mitgliedschaft in der NSDAP seinen Posten zu erlangen. Im März 1946 veröffentlichte die kommunistische Wochenzeitung „Freies Burgenland“ einen Brief des Andauer Amtsleiters aus dem Jahr 1938. Bewarb er sich aus Überzeugung um die Mitgliedschaft oder tat er dies aus Opportunismus?
„An Herrn Ortsgruppenleiter der NSDAP Andau.
Andau, am 14. Juni 1938
Gefertigter ersucht um die Aufnahme in die NSDAP auf Grund folgender Grundlagen: Habe die Ev. Theol. Akademie in Preßburg besucht, wo ich wegen meiner deutschnationalen Betätigung im Jahre 1909 (9. VI.) relegiert wurde. War im Jahre 1919 Obmanstellvertreter der deutschen Freiheitspartei Westungarns, und nachdem ich von den Kommunisten im Juli 1919 wegen meiner Gegenrevolutionären Betätigung verhaftet, eingekerkert war und nach Wien geflohen bin, nachher von den Banditen, weil ich als Obmann der Deutschen Freiheitspartei nicht nur für den Anschluß Westungarns an Österreich, sondern an das Deutsche Reich verlangte, sechs Wochen in Raab eingekerkert. Nach meiner neu erfolgten Flucht nach Wien war ich bis August 1923 da ich jede Gnadengabe Österreichs verweigerte, Gärtnergehilfe in Wien und Perchtolsdorf und kam am 6. September 1923 nach Andau, wo ich seither als Gemeindebeamter tätig bin. Da ich bereits zweimal wegen meiner Betätigung als Deutscher mein Brot verloren habe und dabei für meine Familie zu sorgen hatte, habe ich mich politisch nicht mehr betätigt, ja sogar, um wegen meiner Gesinnung nicht belästigt zu werden, mußte ich mich oft anders zeigen, als ich fühlte. Nach der Machtübernahme habe ich dann wenigstens können und habe bewiesen, daß die seit Jahrzehnten auf meiner Seele lastende Schmach, Kummer und Not mich nicht gebrochen haben, sondern mit Einsatz meiner ganzen Willenskraft mich im Dienste der Sache stellen konnte, für die ich Jahrzehnte hindurch litt. Ich ersuche um eine Aufnahme in die Partei. Um eine günstige Erledigung bittend zeichnet mit einem treuherzigen, aber nicht jetzt erst gefundene deutschen Gefühle, sondern mit dem Gefühle und Bekenntnisse eines seit Jahrzehnten für die deutsche Gesinnung kämpfender alter Kämpfer – ausgesprochenen deutschem Gruße Heil Hitler! Julius H.“
(Freies Burgenland vom 22. März 1946, S. 2)