Ein Naturpark definiert sich durch einen in sich geschlossenen, größeren Landschaftsbereich, der sich durch natürliche Eigenart und Schönheit auszeichnet und in seinem Zustand unverändert erhalten bleiben soll. Diese Grundvoraussetzungen sahen Mitarbeiter der Landesverwaltung am Geschriebenstein als gegeben an und animierten die Gemeinden Lockenhaus und Rechnitz, einen Naturpark ins Leben zu rufen. Gemeindepolitiker, Tourismus- und Wirtschaftsverantwortliche und andere Befürworter gründeten Vereine und entwarfen in Zusammenarbeit mit der Domaine Esterházy Konzepte, um die Ressourcen der Region für einen sanften Tourismus zu nützen. In weiterer Folge wurden Wanderwege und Lehrpfade geschaffen bzw. Wanderkarten angefertigt. Man organisierte gemeinsame Wanderungen und ein neuer Holzaussichtsturm, die Margarethenwarte, wurde errichtet. Ebenso wurde die Zusammenarbeit mit dem angrenzenden ungarischen Naturpark forciert. Am 16. Mai 1996 konnte der erste Naturpark des Burgenlandes, der zugleich grenzüberschreitend war, eröffnet werden. Zudem war man der Ansicht, dass die beiden Naturparks Geschriebenstein-Irottkö von Besuchern ohne Grenzen zu besuchen sein müssten. Nachdem dieser Forderung zunächst nicht stattgegeben wurde, schrieb der Obmann des Naturparkvereins Lockenhaus, Emmerich Gager, an das Außenministerium:
„Sehr geehrter Herr Legationsrat!
Herzlichen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie uns mitteilen, daß es am Geschriebenstein schon einen Grenzübergang gäbe. Dies ist aber zu unserem Bedauern nur teilweise richtig:
Der Grenzübergang darf von ungarischen und EU-Bürgern nur zum Zweck der Besteigung des Aussichtsturmes benutzt werden, der direkt an der Grenze steht. Das bedeutet für uns, daß der grenzüberschreitende Naturpark Geschriebenstein-Irottkö leider kein grenzüberschreitender ist. Unser Problem dabei: Da wir im Rahmen des Interreg-II Programmes EU-Fördermittel für Investitionen in die Infrastruktur und in Marketingmaßnahmen in Anspruch nehmen wollen, müssen wir laut Aussage des zuständigen EU-Verantwortlichen in der Burgenländischen Landesregierung den ungarischen Teil und den österreichischen Teil des Naturparks miteinander verbinden.
Wie sollen wir dies, vor allem im Hinblick auf die Infrastruktur, jedoch tun, wenn mitten durch den Naturpark eine Staatsgrenze als unüberwindliches Hindernis verläuft? Wir haben seit etwa einem Jahr viel Geld, sehr viel Ideen und sehr viele Eigenleistungen in den Naturpark eingebracht, um unserer Region, die 50 Jahre am östlichen, wirtschaftlich toten, Ende Westeuropas lag, mit einem sanften Tourismus wieder wirtschaftliche Hoffnung zu geben. Da wir glauben, daß ein Grenzübergang für Fußgänger am Geschriebenstein ein wesentlicher Teil unseres Naturparks ist, ersuchen wir Sie, Sich für sein Zustandekommen einzusetzen.
In der Hoffnung auf Ihre Zustimmung und Hilfe verbleibe ich mit freundlichem Gruß Obmann Mag. Emmerich Gager“ (Sammlung Naturpark Geschriebenstein, Lockenhaus)
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