Die erste große Auswanderungswelle aus dem Raum des heutigen Burgenlandes fand zwischen 1880 und 1914 statt. Bereits um 1850 dürfte es jedoch zu einer „frühen Auswanderungsbewegung“ nach Amerika gekommen sein. Zuvor hatten die Auswanderungswilligen beim k.k. Bezirkskommisär von Ödenburg eine Bewilligung für die Emigration einzuholen. Der Bewerber wurde vom k.k. Regierungskommissariat in Ödenburg persönlich vorgeladen und von den Behörden einer Prüfung unterzogen. Dabei musste der potentielle Auswanderer die nötige Finanzierung der Auswanderung gewährleisten und er wurde von den Beamten auf die möglichen Folgen, die sich aus seiner Auswanderung ergeben könnten, hingewiesen. Zudem wurde geprüft, ob es aus moralischer bzw. politischer Hinsicht Bedenken gebe und ob der Bewerber seiner Militärdienstpflicht genüge geleistet bzw. eine eventuelle Militärenthebungstaxe entrichtet habe. Weiters wurde erhoben, ob die Angehörigen bzw. der zuständige Gemeindevorstand mit der Auswanderung einverstanden seien bzw. finanzielle Verbindlichen beständen. Erst nach sorgfältiger Prüfung aller Fakten und nachdem der Bewerber einen Revers unterschrieben hatte, dass er auf die österreichische Staatsbürgerschaft verzichte und niemals mehr nach Österreich zurückkehre, wurde ihm ein Auswandererpass ausgehändigt.
Im Feber 1855 begaben sich vier Familien aus Purbach zur k.k. Statthaltereiabteilung in Ödenburg, um eine Bewilligung zur Auswanderung nach Amerika zu beantragen. Das Protokoll der Behörden gibt darüber Auskunft:
- Familie Hackstock, bestehend aus dem Familienoberhaupt Michael Hackstock, 56 Jahre alt, seinem Eheweib Elisabeth, 46 Jahre alt, seinem Sohn Franz, der 20 Jahre zählt, und seiner Tochter Maria, die 10 Jahre alt ist. Franz Hackstock, der militärpflichtig ist, wurde der Militärkommission vorgestellt, wegen eines schlecht geheilten Armbruches aber für untauglich erklärt. Michael Hackstock besitzt eine Viertelansässigkeit, die auf 3.225 fl CM geschätzt wird, daneben aber hat er nach Angabe der Gemeinde noch Schulden in der Höhe von 600 fl CM. Es bleibt ihm daher noch eine hinlängliche Barschaft, sodaß gegen seine Auswanderung kein Anstand obwaltet.
- Familie Schüller — das Oberhaupt Paul zählt 33 Jahre, seine Frau A. Maria 30 Jahre, die Tochter Theresia ist drei Jahre alt. Paul Schüller besitzt ein Kleinhaus, das mit Grundstücken und Zubehör auf 1.295 fl CM geschätzt wird. Er hat keine Schulden, seinem Ansuchen dürfte daher entsprochen werden.
- Familie Huber. Paul Huber, Hauer und Taglöhner, ist 39 Jahre alt, seine Ehefrau 36 Jahre. In der Familie gibt es 7 Kinder im Alter von 17 bis zu 1 ½ Jahren. Sein ältester Sohn zählt 15 Jahre. Paul Huber nennt ein Vermögen von 1.386 fl CM sein eigen und hat keinerlei Schulden oder sonstige Verpflichtungen. Die k.k. Komitatsbehörde tritt für die Gewährung seines Ansuchens ein.
- Familie Sandhofer. Das Oberhaupt Stefan zählt 44 Jahre, seine Ehefrau Johanna 41 Jahre. In der Familie gibt es 3 Kinder, von denen Paul 19 Jahre, Franz 4 und A. Maria noch nicht 1 Jahr alt ist. Paul Sandhofer wurde der Militärkommission vorgestellt, aber wegen seines Blähhalses und Krampfadern für ,,minder tauglich” befunden. Die Familie besitzt ein Vermögen, das auf 1.272 fl CM geschätzt wird. Da keine Schulden vorhanden sind, wird um Erteilung der Auswanderungsbewilligung angetragen.
Die k.k. Komitatsbehörde teilt der k.k. Statthaltereiabteilung mit, daß die Bittsteller ihr unbewegliches Vermögen bereits veräußert haben, und noch im Laufe dieses Monats in Bremen einzutreffen wünschen. Um baldige Entscheidung im Interesse der Auswanderer wird ehrerbietigst ersucht”.
(Paul Hans. Frühe Amerikawanderer unserer Heimat. In: Festschrift für Karl Semmelweis. Burgenländische Forschungen Sonderheft VI. Eisenstadt 1981. 140)
ad Schüller, Purbach/Feketevaros…
Auswanderer-Gschichten vom Heideboden
Murder in the Prairie
Near Aberdeen, South Dakota, spring 1913
In den Weiten der Prairie wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Er ist offensichtlich Opfer eines Raubmordes geworden. Sheriff Garrick von Day County findet rasch heraus das es sich um Johann Schüller, einem 1907 eingewanderten jungen Mann aus Feketevaros/ Purbach in Westungarn handelt.
Nachforschungen von State Attorney Waddel ergeben dass Schüller Wochen zuvor von der Capital Nationalbank in St.Paul, Minnesota $ 311 behoben hat. Zuvor logierte er als „boarder“ (Untermieter) bei der Familie Labelle in St.Paul. Die Wintermonate über hat er gemeinsam mit Joseph L., ebenfalls ein Einwanderer aus Ungarn, in den „lumber camps“ in den Wäldern im Norden verbracht. Nun wollten sie gemeinsam Arbeit auf Farmen in South Dakota suchen – viele Landsleute bzw. deutsch sprechende Farmer haben sich hier angesiedelt. Ein Verdacht fällt auf Joseph L. Dieser war zwischenzeitlich zurück nach Europa gereist.
Am 26. Februar 1913 hat Schüller seinen Eltern in Purbach geschrieben das er im Herbst mit Joseph L. nach Hause kommen werde. Unverfroren besucht dieser nun Schüllers Eltern in Purbach und erzählt dass ihr Sohn mit einem Fremden, den er in den lumber camps kennengelernt hatte, nach Seattle ziehen würde. Schüller sei wegen einer unglücklichen Liebschaft und wegen finanzieller Probleme etwas durcheinander. Wenige Tage später werden die Eltern vom Tod ihres Sohnes verständigt.
Das k.u.k. Konsulat in St.Paul,Minnesota wird ersucht die Verhaftung von Joseph L. in seiner Heimat zu veranlassen. Der mutmaßliche Täter wird in Österreich-Ungarn und Deutschland gesucht. Am 10. Juli 1913 meldet der „Deutsche Herold“, eine deutschsprachige Zeitung in South Dakota, die Verhaftung des Joseph L. in Ungarn. Er wird nicht ausgeliefert sondern in Ungarn vor Gericht gestellt.
Sowohl die lokalen Zeitungen in South Dakota, die Ödenburger Zeitung (12.7.1913), die Wiener Blätter als auch der Pester Lloyd berichteten.