1938 wurde die jüdische Bevölkerung von den Nationalsozialisten aus ihrer Heimat Gattendorf vertrieben. Nach 1945 waren die österreichischen Behörden nur in Ansätzen um Restitution ehemals jüdischen Vermögens bemüht. Innenminister Oskar Helmer, ein gebürtiger Gattendorfer, meinte in einer Ministerratssitzung, dass man die Rückerstattung des entzogenen jüdischen Eigentums in die Länge ziehen solle.
Vertriebene bzw. geflüchtete jüdische Österreicher wurden nur in Ausnahmefällen zur Rückkehr eingeladen. Ein positives Beispiel bietet die Gemeinde Gattendorf.
Brief an: Herrn Gustav Justiz, Buenos Aires
Auf ihr Schreiben vom 22. Juli 1946 begrüßen wir Sie im Namen der ganzen Gemeinde und freuen uns, dass Sie mit Ihrer Familie diese schwere Zeit überstanden haben. Sie werden jetzt viele Briefe aus Gattendorf erhalten, da wir ihre Adresse, Ihrem Wunsche entsprechend, an die Bekannten, die den Wunsch haben, Ihnen zu schreiben, übermitteln.
Die Felder und beide Häuser sind vorhanden und sind auch noch auf Ihren Namen, da diese nicht enteignet wurde. Von kleinen Kriegsschäden abgesehen, die aber nicht wesentlich sind, sind beide Gebäude in Ordnung. Das Haus Ihrer Mutter erhielt einen Treffer, der aber nur das Dach durchschlug und bereits repariert wurde. In diesem Haus wohnt der pensionierte Bahnhofvorstand Feitl, das andere Haus Nr. 61 wird von der Hebamme Steiner und einen Bahnangestellten bewohnt.
Die Verwaltung der Felder wurde in den vergangenen Jahren von einem Herrn aus Bruck durchgeführt, der Pacht wurde in die Raiffeisenkasse vom vorigen Jahr einbezahlt. Während des Naziregimes war Ihr Haus als Kindergarten der Gemeinde in Verwendung, die Miete wurde auch in die oben erwähnte Kasse einbezahlt. […]
Wir rechnen damit, dass Sie sich mit ihrer Familie wieder zur Heimreise nach Gattendorf entschließen werden und begrüße Sie im Namen der Bewohner unserer Gemeinde auf das herzlichste.
Bürgermeister Veit Werdenits, Gattendorf, den 20. August 1946
(Quelle: Gemeinde Archiv Gattendorf. Ordner 060-1. Bild 123)
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