Mindestens 17.559 Burgenländer, fast jeder dritte, der eingezogen wurde, ließ sein Leben als Soldat der Deutschen Wehrmacht. Bei den Angehörigen und Freunden blieben Schmerz, Leid und Verzweiflung zurück. Als „Labsal“ gab es für die Hinterbliebenen einen „Trostbrief“ von den Gemeindeverantwortlichen.
An Frau J.P. in Frauenkirchen am 2. Juli 1941
„Die Nachricht vom Heldentod Ihres Gatten hat uns tief erschüttert. In diesem schweren Verlust der Sie und Ihre Kinder trifft bleibt der Trost, dass dieses Opfer nicht umsonst gebracht wurde. Er gab sein Leben den Führer, der Grösse des deutschen Reiches und des deutschen Volkes und erkämpfte hiedurch auch die Sicherung der Lebensgrundlage der eigenen Familie.
Ich bitte Sie daher, im Namen der Gemeinde sowie auch meine persönliche Anteilnahme entgegennehmen zu wollen.
Der Bürgermeister: Püspök“
17.559 Tote und als Trost ein Schreiben des Bürgermeisters.
In dem Blogeintrag „Heldentod für den Führer“ handelt es von Briefen, die die Angehörigen der verstorbenen Soldaten zugesandt bekommen haben. Anhand eines Schreibens, das Frau J.P. 1941 erhalten hatte, kann man so einen Brief nachvollziehen.
Unzählige Väter, Großväter, Söhne, Brüder oder auch Ehemänner mussten in den Krieg ziehen. Man muss sich in die Lage der Angehörigen hineinversetzen. Familien werden zerrissen und die Frauen werden mit ihren Kindern allein zurückgelassen. Sie müssen nun zusammenhalten, müssen lernen ohne Männer zu leben. Tag für Tag denkt man an seine liebsten Menschen im Krieg und hofft, dass sie Stunde für Stunde überleben. Gedanken, die sich niemand vorzustellen vermag.
Die Angehörigen bangten um ihre Lieben. Jahrelang. Die Soldaten leisteten ihrem Land Treue und beinahe ein Drittel der Burgenländer starb an dem Versuch, den Krieg zu gewinnen. Für diese Leistungen bekamen die Hinterbliebenen ein Schreiben des Gemeindeoberhauptes. Ein Schreiben, das nicht einmal ansatzweise die Heldentaten dieser Menschen würdigt. Ein Schreiben, das die Angehörigen der Verstorbenen trösten soll, da diese Menschen ihren Tod für den Führer gegeben haben. Ein Schreiben, das jeder Mensch bekam, der einen Angehörigen im Krieg hatte. Kurz gesagt: ein Schreiben für alle.
Dieser Brief stimmt mich zutiefst traurig und noch dazu wütend. Wie kann man denken, dass so ein Text den Verlust eines Familienmitgliedes erleichtert? Ich glaube, vielen Menschen wäre es lieber gewesen, gar keinen Brief zu bekommen als so einen lesen zu müssen.
Natürlich muss man auch die Situation des Bürgermeisters verstehen. Diesem ist das Wohl der Menschen in seiner Gemeinde wichtig, doch unter der NS-Führung war er in der Rolle des Gemeindevorstandes gezwungen, den Menschen im Ort zu zeigen, dass ihre Angehörigen ihr Leben für etwas „Besseres“ gelassen haben.
Wenn ich mich ansatzweise in die Rolle der betroffenen Frau J.P. hineinversetzen kann, dann sollte selbstverständlich die Anteilnahme ausgedrückt werden, aber nicht darin, dass mein Mann sein Dasein für den Führer gab.