Der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) aus der Familie der Blattkäfer bedrohte in den 1950er Jahren die Ernten im Burgenland.
Aus seiner ursprünglichen Heimat Nordamerika wurde der Kartoffelkäfer bereits in den 1870er Jahren nach Europa eingeschleppt und zog bald eine Spur der Verwüstung nach sich. Bereits damals gab es erhebliche Anstrengungen, die Plage einzudämmen. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg trat der auffällig gestreifte Käfer wieder verstärkt in Österreich auf. Es kam ab 1951 zu verstärkten Schäden, Ausfällen der Kartoffelernten und Bedrohung der Lebensmittelversorgung. Die Bekämpfung des Schädlings wurde zu einer kollektiven Notwendigkeit. Die herkömmlichste Art war, die Kartoffelkäfer zu sammeln, was nicht immer einfach war, wie ein Bericht aus Halbturn 1955 zeigt:
Bericht über die Kartoffelkäferbekämpfung:
a) Namen der Kolonnenführer: […]
b) Anzahl der an der Suche beteiligten Personen: 86
c) Ausmaß der abgesuchten Kartoffelfelder: ca. 40 ha
d) Dauer der Sucher: 7 – 14 Uhr
e) Ergebnis des Suchdienstes: Bis auf einige Riede sind sämtliche Kartoffelfelder befallen. Es wurden ca. 1.000 Kartoffelkäfer abgeklaubt (Zum Ansporn für den Suchdienst hat die Gemeinde eine Prämie von 20 Groschen pro Kartoffelkäfer ausgeschrieben).
Da die Kartoffelfelder sehr verstreut liegen und der größte Teil davon nicht mehr als 6 bis 11 ar beträgt, wird die Bekämpfung der Kartoffelkäfer in der Form vorgeschlagen, daß jeder Besitzer diese mit Weingartenspritzen durchführt.
Unterschrieben vom Ortsbeauftragten und dem Bürgermeister
(Gemeindearchiv Halbturn. Korrespondenz 1955. Zl.1955/81)
Kampf den Kartoffelkäfern
Schädlinge waren für die Landwirtschaft schon immer eine große Plage. Und wenn man an Schädlinge denkt, kommt einem nicht selten der bereits in den 1870er Jahren, aus Amerika eingeschleppte Kartoffelkäfer in den Sinn, welcher die Landwirte schon seit Generationen auf Trab hält. In der Folge gründete man damals Suchtrupps, um die schwarz-gelb gestreiften ‚Freunde‘ als Hühnerfutter einzusammeln oder sie höchstens mit Petroleum zu vernichten. Heute greift man lieber auf andere Methoden zurück – Gifte stehen an der Tagesordnung.
In den 1970er Jahren kamen die ersten Insektengifte auf und sie sind bis heute sehr umstritten. Eines der präsentesten und beliebtesten – man könnte es auch die ‚Wunderwaffe der 70er nennen‘ – Glyphosat. Doch schon seit Jahren mehren sich Hinweise, dass die Substanz Mensch und Tier schaden könnte. Zusätzlich, schmälern zunehmende Resistenzen der Schädlinge die Bekämpfungserfolge. Milde Winter erleichtern den Schädlingen das Überleben, was die Käferpopulation wachsen lässt und Landwirte nun vermehrt auf stärkere Gifte zurückgreifen lässt um die Ernten zu sichern.
Die Chemiekonzerne können nun wieder entspannt durchatmen-denn nun wurde die Zulassung von Glyphosat, nach monatelangem Streit, von der EU-Kommission um weitere fünf Jahre verlängert. 18 von 28 EU-Ländern haben dafür gestimmt, neun dagegen, ein Land hat sich enthalten. Man könnte also auch meinen, 18 von 28 EU-Länder wollen sich selbst vergiften-oder etwa nicht?
Die Internationale Agentur für Krebsforschung veröffentlichte einen Bericht, dem zufolge das Pflanzengift für den Menschen “wahrscheinlich krebserregend” ist. Hätte man nach solchen Ergebnissen, Glyphosat nicht gleich ganz verbieten müssen? Immer wieder sprach man von möglichen Krebsrisiken durch das umstrittene Pestizid. Doch tatsächlich wäre ein Verbot für das Pflanzenschutzmittel nur ein Segen für Umwelt und Verbraucher gewesen. Natürlich kann niemand ernsthaft froh sein über Gift im Essen.
Oder doch?
Nimmt man ‚eventuell mögliche Gesundheitsgefährdungen‘ in Kauf um die Wirtschaft zu pushen?
Die Revolution müsste nicht bei den Landwirten, den Politikern oder etwa den Chemiekonzernen anfangen, sondern bei uns Verbrauchern. Ökologische Landwirtschaft ist teurer und bringt weniger Erträge. Jedoch würde man dann von vollwertigeren und unbedenklichen Produkten profitieren. Das machen leider nur die wenigsten Landwirte.
Unterschriftensammlungen gegen die Auswüchse des Agrarbusiness allein werden dagegen nicht ausreichen. Nicht jeder, aber einige von uns könnten das ändern. Mit einem bewussten Blick, in den Einkaufswagen. Vielleicht kommt ja irgendwann die Wende, wo sie merken werden, dass man Geld nicht essen kann.