Nach dem „Anschluss“ 1938 versuchte die katholische Kirche mit den Nationalsozialisten eine Übereinkunft zu treffen, da man zunächst davon ausging, dass Christentum und Nationalsozialismus vereinbar seien. In einem Brief erklärten alle Bischöfe die Zustimmung zum „Anschluss” und versprachen, bei der Volksabstimmung mit „Ja“ zu stimmen. Die daran geknüpften Erwartungen der Kirche erfüllten sich jedoch nicht. Sehr bald begannen Repressalien gegenüber Kirchenvertretern, die als Gegner bekannt waren, und kirchlichen Organisationen.
Ziel des Nationalsozialismus war es, die Kirche aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen, die Kirchenseelsorge einzuschränken und den Einfluss der Kirche auf die Jugend zurückzudrängen. Im Herbst 1938 wurde das konfessionelle Schulwesen beseitigt. In einem Hirtenbrief informierten die Bischöfe die Gläubigen von diesen Maßnahmen. Die NS- Machthaber überwachten die Reaktionen aufmerksam.
Gendarmerieposten Apetlon am 5.9.1938 an die BH Neusiedl am See. Betreff: Verlesung des Hirtenbriefes der österreichischen Bischöfe: „Es wird berichtet, dass am 4. September 1938 in den Gemeinden Apetlon und Illmitz von den Geistlichen der Hirtenbrief in Verlesung gebracht wurde. Die Geistlichen beschränkten sich dabei nur auf die Verlesung ohne irgendeinen Kommentar dazu zu geben. Eine vorherige Propaganda war nicht zu bemerken. Auch der Kirchenbesuch war ein entsprechend normaler. Der Hirtenbrief wurde in keinerlei Weise zur Verteilung gebracht. Was die Aufnahme der Hirtenbriefes in der Bevölkerung betrifft, kann nur bemerkt werden, dass einige alte Weiber aus den Kreisen der ultra Schwarzen in der Kirche geweint haben, wogegen die nationale Bevölkerung über die Verlesung des Hirtenbriefes erbost war und als Hetze gegen den Nationalsozialismus betrachtet. Der Inhalt des Hirtenbriefes war die staatliche Ehe und die röm. kath. Konfessionelle Schule. Ein genauer Inhalt konnte nicht erreicht werden.“
Schiefer Ray. Inspektor, Postenkommandant vom Dienst enthoben
(Landesarchiv Burgenland. BH-NDPolizei1937-39-XI-sonstigesZl.XI-1938-Hirtenbrief)
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