Nach dem Ausgleich 1867 zwischen Österreich und Ungarn verstärkte sich der Magyarisierungsdruck, der die sprachlichen und kulturellen Rechte der Nationalitäten in Ungarn erheblich einschränkte bzw. zum Teil sogar verletzte. Das Schulgesetz von 1879 führte Ungarisch als Pflichtfach in allen Schulen ein. Durch das Mittelschulgesetz 1883 wurden die Gymnasien und Realschulen unter staatliche Kontrolle gestellt bzw. die Lehramtskandidaten mussten ihre Staatsprüfung in ungarischer Sprache ablegen. Um die Jahrhundertwende erhöhte die Regierung noch den Druck zur Magyarisierung der nichtmagyarischen Volksgruppen. Den Höhepunkt fand diese 1907 mit der Lex Apponyi, wobei nun der Unterricht auf die ungarische Sprache umgestellt werden musste und die Lehrer nach dem „Erfolg“ gemessen, bezahlt bzw. entlassen wurden.
Karl Weber aus Lutzmannsburg beschreibt seine Schulzeit folgendermaßen:
schule„[…] Im Jahre 1912 trat ich das erste Mal in die evang. Volksschule in Lutzmannsburg. Es war damals auch eine kath. Volksschule in unserem Orte. In dieser Zeit gehörten wir ja noch zu Ungarn und so trug unsere Schule nicht vielleicht die Aufschrift ‚Evang. Volksschule‘ in deutscher Sprache, mit großen Buchstaben stand auf einer Tafel in ungarischer Sprache: ‚Ev. Népiskola‘. So wie die Überschrift außen verkündete, so wurde uns auch in der Schulstube das Ungarische mit besonderer Sorgfalt beigebracht. […] Unser Lehrer hatte alle sechs Klassen in einem Schulzimmer zu unterrichten. Die Unterrichtszeit war auf Vormittag und Nachmittag verteilt. […] In den ersten zwei Klassen lernten wir deutsch schreiben und lesen. In der dritten Klasse begann schon das Ungarische. Besonderen Wert legte man auf die ungarische Geschichte. Vom ganzen Jahrtausend mussten wir die Könige und Herrscher alle auswendig lernen und ihre Heldentaten kennen. In der Erdkunde mussten wir besonders Ungarn gut kennen lernen. So mussten wir die 63 Komitate und ihre Komitatshauptorte auswendig lernen. Sie wollten systematisch und mit allen Mitteln aus uns richtige Magyaronen machen. Wenn ein Schüler beispielsweise zur großen Tafel hinaus musste, so musste dieser beim Rechnen laut sprechen, aber nicht unserer geliebten Muttersprache, sondern ungarisch mussten wir sprechen, so gut es eben ging.
Ich will auch erwähnen, dass wir damals konfessionelle Schulen hatten. In unserer Gemeinde war eine evangelische und eine katholische Volksschule, in anderen Gemeinden wo möglichst auch noch eine jüdische Volksschule. Jede Schule hatte ihren eigenen Lehrer. Der Lehrer wurde nicht vom Staat bezahlt, sondern von den Kirchengemeinden. Der Lehrer und auch der Pfarrer wurden in Naturalien bezahlt, so erhielten sie Getreide, Weinmost, Bohnen, Eier, Kraut, Erdäpfel, Rüben u. a. m. […]“
(Aus: Weber Karl, Erlebnisse eines Grenzlandbauern im 20. Jahrhundert)