Die Emigranten nach Argentinien in der Zwischenkriegszeit gehörten fast ausschließlich der jungen Generation an. Besonders hoch war der Anteil der Emigranten im Alter zwischen 21 und 30 Jahren, ab dem 45. Lebensjahr war die Auswanderung bereits eine Seltenheit. Dadurch wird einerseits die große Mobilität der Jugend verdeutlicht, andererseits ist die niedrige Altersstruktur ein klares Indiz dafür, dass die Jugend in ihrer Heimat Burgenland bzw. Österreich keine Chance sah, eine wirtschaftliche Verbesserung zu erreichen. Die Zukunft lag für sie in einem Neubeginn in einer fernen Welt, wo eine Verbesserung des Lebensstandards möglich schien. Selbst Minderjährige brachen in die Ferne auf.
Das Bundeskanzleramt Wien an die Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf 1930:
„Josefa Schlögl, geboren am 3. März 1909 in Rattersdorf, zuständig nach Wien erhielt am 28. Dezember 1929 der ihr von dortsamts ausgestellten Reisepass, zur Reise nach Argentinien, ausgefolgt. Das Wanderungsamt hat sich hiebei von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Die Partei, welche bereits am 3. März 1930 volljährig wird, sollte am 2. Jänner 1930 von Wien über Bremen nach Buenos Aires in Begleitung einer mütterlichen Freundin, Frau Maria Rosner, mit dem am 6. Jänner abgehenden Dampfer ‚Sierra Cordoba‘ abreisen. Dort wird sie von ihrem Cousin Eduard Rupp erwartet, welcher weiterhin für sie sorgen und ihr eine Stelle verschaffen wird. Er hat ihr auch die Schiffkarte gesendet.
Mit Rücksicht auf die kurze Zeit, die noch bis zur Ausreise zur Verfügung gestanden wäre, in welcher eine Zustimmungserklärung des weder der Partei noch h.a. bekannten Vormundschaftsgerichtes nicht mehr eingeholt werden konnte und darauf, dass bei einer Nichtausfolgung des Reisepasses die Partei gezwungen gewesen wäre, nach Erlangung der Volljährigkeit, also im März dieses Jahres allein ohne Begleitung und ohne in Buenos Aires Hilfe zu finden auszureisen. Würde der Reisepass ausnahmsweise ohne eine schriftliche Zustimmungserklärung des Vaters ausgefolgt.
Hiezu bemerkt des Wanderungsamt, dass nach Angabe der Partei der Vater sich nie um sein Kind gekümmert hat und dass Josefa Schlögl von der indes verstorbenen Tante Josefa Böhm in Rattersdorf aufgezogen und nach deren Tode bei ihrem Onkel Alois Schlögl, Rattersdorf, wohnte.
Wie die Partei hier angab, war ihr Vater mit der Ausreise ohne weiteres einverstanden und wenn derselbe nunmehr Reklamation erhebt, so ist dies wohl nur darauf zurückzuführen, dass er seiner Tochter, der er seine Erbschaft missgönnt, Unannehmlichkeiten bereiten will.
Der Leiter der Auskunftsstelle“
(BLA. BH Oberpullendorf. 29. Gruppe XI. Vorfallenheitsberichte. Zl. XIV-88/1930. 221/27)
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