In den ersten Apriltagen 1945 überrollte die Rote Armee die Grenzbefestigungen und rückte rasch gegen Wien vor. Die burgenländischen Gemeinden waren ihrem Schicksal selbst überlassen. So manch eine Gemeinde wurde von den sowjetischen Truppen mit Artillerie beschossen. Auf diese Weise wollte man feststellen, ob man in dem Ort auf deutschen Widerstand stoßen würde. In einzelnen Gemeinden kamen den sowjetischen Truppen beherzte Männer mit einer weißen Fahne entgegen, um die Wehrlosigkeit der Bevölkerung zu signalisieren und einen möglichen Beschuss des Ortes zu verhindern. Diese Aktion war sehr mutig, denn nach Heinrich Himmlers Flaggenbefehl waren alle Bewohner, sofern sie bei der Annäherung des Feindes eine weiße Fahne hissen würden, zu erschießen. Diese Gefahr bestand insbesondere, wenn sich die sowjetischen Truppen hätten wieder zurückziehen müssen.
Auch in Leithaprodersdorf wagte ein beherzter Mann diesen Schritt: „Am 2. April 1945 konnten um 8 Uhr früh die ersten russischen Truppen über die Strasse Eisenstadt – Stotzing – Loretto nach Leithaprodersdorf kommend gesichtet werden. Da beobachtet werden konnte, dass russische Geschütze zwischen Loretto und Leithaprodersdorf in Stellung gingen, wahrscheinlich in der Annahme, dass sich noch deutsche Truppen in der Gemeinde befinden, zog ein beherzter alter Weltkriegsteilnehmer, der auch russisch konnte, auf einem Fahrrad mit einer weißen Fahne den russischen Truppen auf der Strasse entgegen und teilte diesen mit, dass sich in der Gemeinde keine deutsche Truppen befinden. Hierauf ging der Einmarsch der russischen Truppen ohne besondere Komplikationen vor sich. Die üblichen Plünderungen konnten natürlich nicht verhindert werden.“
(Aus: LA- A/VIII/11/ – Ereignisse 1945-1956, Berichte der Gemeinden, Leithaprodersdorf)
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