Neben seelsorgerischen und organisatorischen Arbeiten sorgten sich die Pfarrer auch um soziale Angelegenheiten in ihren Gemeinden. Vielfach wurden sie bei Auseinandersetzungen im zwischenmenschlichen Bereich, wie Ehekonflikten, Erbstreitigkeiten und vor allem bei sogenannten „Vaterschaftsansprüchen“, aufgesucht. Dem „Hausbuch“ des evangelischen Pfarrers Johann Andreas Ulicsny aus Nickelsdorf ist zu entnehmen, dass die Magd T.R. aus Raab/Györ am 16. Jänner 1872 ein uneheliches Kind gebar. Am 3. März 1872 konfrontierte sie den Pfarrer mit der Klage gegen den Knecht J.G. bezüglich der Vaterschaft. Durch die Vermittlung des Pfarrers kam drei Tage später folgende Vereinbarung zustande:
„Vergleich zwischen J.G. gebürtig von Raggendorf, als Knecht in seinen Diensten allhier und der T.R. Magd aus Raab dass der am hiesigen Ev. Pfarramte geklagte, obgenannte J.G., an die Klägerin, der Magd T.R., eine Entschädigung ihrer Alimentationsansprüche am hiesigen Ev. Pfarramt für ein mit genannter T.R. gezeugtes uneheliches Kind, geklagten obgenannten J.G., an die Klägerin. Ein für allemal 40 f., sage vierzig Gulden österr. Währung in zwei Raten und zwar 10 f. ÖW mit gezeichnetem Tage, 30 f. ÖW aber im Herbst laufenden Jahres zahlen. Wogegen die Klägerin ferner keine Forderungen zu Geklagten, ihn auch bei anderwärtig angestrebter ehelicher Verbindung nicht Statutens vorstellen wolle.“ (Hausbuch des Johann Andreas Ulicsny 1872 – Sammlung Peter Limbeck, Nickelsdorf)
Dieser Verpflichtung konnte der Knecht wohl nachkommen. Als Großknecht verdiente er zu dieser Zeit etwa 2-4 Gulden in der Woche bei freier Verpflegung, Unterkunft und sonstiger Naturalabgeltung. Für die Magd war die Entschädigung relativ niedrig. So kostete zu dieser Zeit ein Liter Milch 0,3 Gulden, ein Kilo Brot 0,42 Gulden und ein Kilo Rindfleisch 1,22 Gulden ÖW.
Das uneheliche Kind Barbara starb im Juli desselben Jahres.
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