Im Allgemeinen wird das Zusammenleben zwischen der deutschen und kroatischen Bevölkerung als relativ konfliktfrei beschrieben. Das Verhältnis zwischen den beiden Volksgruppen dürfte jedoch in der gemischtsprachigen Gemeinde Großmürbisch im Bezirk Güssing in den 1920er Jahren gestört gewesen sein, wie man einem Bericht des Bezirksgendarmeriekommandos Güssing vom 25. September 1924 entnehmen kann:
„In Gross-Mürbisch herrscht noch immer grosse Spannung zwischen den Deutschen und Kroaten. Es scheint sich dort wirklich um prinzipielle Zukunftsfragen der beiden Nationen zu handeln, da keine von beiden um ein geringeres nachgibt. Die Kräfte sind ziemlich gleich verteilt, da zirka zur Hälfte Deutsche und zur Hälfte Kroaten in den Gemeinden sind, nur sind die Kroaten in der geschlossenen Ortschaft in der Überzahl und die Deutschen in den umliegenden Gehöften mehr zerstreut. Die Deutschen fordern neben Gleichberechtigung in Schule und Kirche und anderen Gemeindeangelegenheiten insbesondere auch das frühere innegehabte recht, dass die ortsüblichen Verlautbarungen auch in deutscher Sprache geschehen.
Die deutsche Lehrerin dortselbst scheint infolge des Liebesverhältnisses mit dem dortigen kroatischen Lehrer schon mehr dem Kroatentum zuzuneigen, was die Deutschen zum Misstrauen in Schulangelegenheiten reizt. Sie soll schon besser kroatisch als deutsch sprechen, obzwar sie früher nichts kroatisch verstanden haben soll, während sein Fortschritt im Deutschen gering genannt wird. Nach Mitteilung des hiesigen Kirchenvorstandes wird in Gross-Mürbisch insolange überhaupt keine Messe gehalten werden, als sich diese Gemeinde neben anderen Angelegenheiten auch mit dem jetzigen Pfarrer einverstanden erklärt, der deutsche Predigten halten und kroatische Predigten vorläufig nur verlesen wird. Es erscheint dort jedoch eine Strömung geschürt zu werden, welche darauf hinzielt, dass Gross-Mürbisch nur einen rein kroatischen Pfarrer haben soll. Der Anhang zu dieser Strömung ist unter den Kroaten gross.“ (Burgenländisches Landesarchiv. Polizei 1924. 11-60. O.Zl.)
Lebten in Großmürbisch im 19. Jahrhundert noch mehrheitlich Kroaten (1880: 184 Deutsche und 334 Kroaten), so nahm die Zahl der deutschsprachigen Bevölkerung im 20. Jahrhundert merklich zu (1910: 292 Deutsche und 332 Kroaten), (1923: 290 Deutsche, 295 Kroaten und 4 Ungarn und 1934: 43 % Kroaten). Bei der letzten Spracherhebung im Zuge der Volkszählung 2001 bekannten sich nur noch 1,1 % der Bevölkerung von Großmürbisch zur kroatischen Sprache.
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