Aus Sorge, dass Frauen, insbesondere bürgerlich-konservative Frauen, ihr Wahlrecht nicht ausüben werden, wurde die allgemeine Wahlpflicht per Gesetz in Österreich erlassen. Dieses bestand bei der Bundespräsidentenwahl bis 1982. (Anmerkung: Das Verbot des Alkoholausschanks am Wahltag blieb bis 1979 bestehen.)
Wer gegen die Wahlpflicht verstieß, erhielt eine Vorladung und musste sich für das Fernbleiben von der Wahlurne rechtfertigen. Die Gemeinden wiederum taten ihr Möglichstes, um die Wähler an ihre Pflicht zu erinnern, wie ein Bericht der Gemeinde Halbturn an die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See, am 10. März 1952, zeigt:
„Hinsichtlich der Angabe der Frau Elisabeth K. wird berichtet, daß die Genannte am 6.5.1951 erst nach Aufforderung ihr Wahlrecht ausüben wollte und tatsächlich erst nach Beendigung der Wahlhandlung im Wahllokal erschienen ist. Die Angabe, daß sie ein Wähleranlageblatt nicht ausgefüllt hat, entspricht nicht der Tatsache, da das von ihr unterfertigte Wähleranlageblatt noch in der Gemeinde aufliegt.
Elisabeth K. wurde diesbezüglich vorgeladen und gab an, daß sie zwei Wähleranlageblätter unterfertigt habe und der Meinung war, daß diese ihren Großvater und ihrer Großmutter gehören und sie selbst, da sie noch nicht das 21- Lebensjahr erreicht habe, nicht wahlberechtigt sei.
Gemeindeamtlich wird hiezu festgestellt, daß diese Angaben glaubwürdig sind, da fast alle, die im Jahre 1930 geboren waren, am Wahltage ca. 1 Stunde vor Beendigung der Wahl zur Erfüllung ihrer Wahlpflicht aufgefordert werden mußten. Der Bürgermeister Franz Graf
(Gemeindearchiv Halbturn. Korrespondenz 1952-Zl. 124/1952)
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