Im Juni 2001 organisierte das Forum CONCENTRUM gemeinsam mit dem Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung und der Stadtgemeinde Stadtschlaining das Projekt „Welcome to Stadtschlaining“. Dabei wurden ehemalige Schlaininger Juden bzw. deren Nachkommen nach Stadtschlaining eingeladen und ihnen die Begegnung mit ihrer einstigen Geburts- und Heimatstadt sowie der Schlaininger Bevölkerung das Wiedersehen mit ehemaligen Mitbürgern ermöglicht. Eine wichtige Rolle spielte dabei Regina Löwy Espenshade, die eine Rückschau auf ihren letzten Besuch im Burgenland hielt:
„Im Oktober 1999 besuchte ich mit meiner Schwester und meiner Nichte das Land, aus dem unsere Familie stammt. Juden leben dort nicht mehr, doch früher hat es einen relativ großen und gut integrierten jüdischen Bevölkerungsanteil gegeben. In dem kleinen Ort namens Stadtschlaining, in dem meine Mutter bis zu ihrem 36. Lebensjahr gelebt hat, konnten wir etwas Ungewöhnliches beobachten: Es gibt dort jetzt Bestrebungen, die Erinnerung an die früheren jüdischen Einwohner wiederzuerwecken, und auch an den Einfluss, den sie auf die Lebenswelt und Kultur der Gemeinde hatten.[…]
In den 1970-ern war ich mit meiner 1991 verstorbenen Mutter Gizella Braun Löwy zweimal in Stadtschlaining zu Besuch. Damals sahen wir die verwischten Spuren der einstigen Gemeinde, die Ruinen der Synagoge und den zerstörten jüdischen Friedhof, in dem meine Großeltern begraben sind. […]
Bei meiner Ankunft 1999 bemerkte ich, dass sich hier etwas ganz Besonderes tut: Eine Tafel am Eingang der Burg kündet davon, dass sich in ihren Räumlichkeiten die Europäische Friedensuniversität befindet. Dies war für mich eine erstaunliche Entdeckung. Dass jemals Menschen aus aller Welt nach Schlaining kommen würden, um hier Frieden, Konfliktmanagement und friedenserhaltende Maßnahmen zu studieren, hätte ich mir nicht in meinen kühnsten Träumen vorstellen können. Die 1715 gebaute, einstmals entweihte Synagoge ist renoviert worden. Das Gebäude bewahrt seine ursprüngliche Identität als jüdische Synagoge und wird in Verbindung mit den universitären Einrichtungen der Burg als Friedensbibliothek genutzt. Auch der Friedhof wurde restauriert und mit einem schönen granitenen Tor versehen, das ihn als jüdische Begräbnisstätte ausweist. Angesichts all dieser Entwicklungen überkam mich ein Gefühl der Erleichterung. Ich werde nie die tiefe Trauer meiner Mutter vergessen, welche sie angesichts der entweihten Gräber ihrer Eltern bei unseren Besuchen in den Jahren 1973 und 1976 empfunden hat. Einige Grabsteine scheinen wieder aufgestellt worden zu sein; die meiner Großeltern fehlen aber. […]
Die wiedergewonnene Verbindung mit der Vergangenheit, die Tatsache, dass meine Eltern in der Erinnerung der Bevölkerung von Stadtschlaining fortleben, war eine beeindruckende Erfahrung. […]“
(Sammlung Lisa Fandl, Übersetzung: Albert Schuch- Herzlichen Dank)
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