Die vielfach trockenen Sommer bereiteten den Landwirten im Burgenland seit jeher große Sorgen. Während man sich heute teilweise auf technische Hilfen verlassen kann, so sah man lange Zeit nur im Gebet eine Abhilfe gegen die Trockenheit. In der religiös gemischten Gemeinde Pinkafeld kam es nach einem Bericht von Pfarrer Joseph M. Weinhofer 1834 zu einer Art „Wettbeten“:
„Der anhaltenden Dürre wegen wurden aller Orten öffentliche Gebete um gedeihlichen Regen angestellet. Merkwürdig blieb es, was in unserer Pfarre dießfalls geschah. Die Lutheraner beteten schon 14 Tage vergeblich um Regen, da äußerten sich die Einfältigeren unter denselben, wenn die Katholiken bitten würden, ihre Gebete würden erhöret werden. Wir gingen demnach den 15. Juny in einer Bittprozession auf den Kalvarienberg Nachmittag um 3 Uhr, und sieh! Kaum erreichten wird die Kirche, da fieng es an eine halbe Stunde zu regnen, und der Regen währte auch in der Nacht fort. – Den 15. August hatten wir abermal einen Bittgang um Regen, und den 16. Nachts und den 17. Morgens regnete es abermal einige Stunden. Der gütige Vater im Himmel stärkte den Glauben der bittenden auf seinen Sohn, der sprach: Alles war ihr den Vater in meinem Namen bitten werden, das wird er euch geben.“
(https://weinhofer.wordpress.com/chronik/chronik-1830-1834/)
Wettbeten gegen den Klimawandel
Heiße Sommer mit wenig Regen hat es auch 1834 schon gegeben. Manchmal half da einfach nur Beten. Aber jetzt wird das Klima tatsächlich immer wärmer, das Wetter immer extremer. Und wir sind daran schuld. Wir fliegen zu viel, fahren zu viel Auto, essen zu viel Fleisch. Theoretisch wissen wir alle, was zu tun ist, wenn wir nicht so bequem wären. Aber vielleicht ist die Lösung ja einfacher als gedacht?
Auch auf der heurigen Weltklimakonferenz in Bonn ringt man um Lösungen. 20 000 Teilnehmer aus aller Welt fliegen um den halben Globus, um sich gegenseitig dazu zu bringen, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Alle sind sich einig, dass etwas getan werden muss. Alle sind sich einig, dass die anderen zuerst anfangen sollen.
Man kommt schließlich überein, nächstes Jahr in Polen ein Regelwerk zu erstellen. Dort wird man sich vermutlich darauf einigen, im darauffolgenden Jahr konkreter zu werden und so weiter. Außer im wahrsten Sinne des Wortes heißer Luft wird fürchte ich nichts herauskommen. Die Wirtschaft muss weiter wachsen, koste es, was es wolle. Es ist nur so, dass die Mehrheit der armen Weltbevölkerung zwar wenig vom Wirtschaftswachstum spürt, dafür umso mehr vom Klimawandel.
Besonders stolz ist man in Bonn auch darauf, dass erstmalig ein gemeinsames Arbeitsprogramm zu Landwirtschaft und Klimawandel in die politische Agenda aufgenommen wurde. Landwirtschaft? Ach ja, das ist ja das, wovon wir alle leben. 1834 – lange vor Bewässerungsanlagen, Subventionen und Hagelversicherungen – wussten das alle noch ganz genau. Aber solange wir heute im Supermarkt weiterhin alles hübsch in möglichst viel Plastik frischeverschweißt einkaufen können, solange betrifft es uns nicht wirklich. Oder doch?
Ich bin für einen neuen Punkt auf der Agenda: Wettbeten gegen den Klimawandel. Das kostet nichts und die Wirtschaft darf munter weiter wachsen. Delegierte aus 195 Ländern nehmen an der Konferenz teil. Da sind bestimmt eine Menge verschiedener Religionen vertreten. Wenn sich alle gemeinsam anstrengen, haben die Götter vielleicht ein Einsehen und stoppen die Erderwärmung. Wenn es 1834 in Pinkafeld geholfen hat, warum soll es heute nicht auch helfen? Und wenn wir so weiter machen, wird Beten ohnehin das einzige sein, das noch helfen kann.
Vermutlich wird man jedoch wieder eine jährliche Konferenz brauchen, um sich ewig darüber zu streiten, wessen Gott den Klimawandel nun gestoppt hat.